Sie sind hier: Startseite Inhalte Die letzte Verschwörung

Die letzte Verschwörung

Eine Mythos-Operette


Musik und Text von Moritz Eggert
 

 

Inszenierung


Uraufführung, 25. März 2023
Volksoper, Wien, Österreich

  • Musikalische Leitung: Tobias Wögerer
  • Regie: Lotte de Beer
  • Choreographie: Otto Pichler
  • Bühnenbild: Christof Hetzer
  • Kostüme: Jorine van Beek
  • Lichtgestaltung: Alex Brok
  • Videodesign. Roman Hansi
  • Chöre: Roger Diaz-Cajamarca

 

Besetzung:  

  • Friedrich Quant, ein Talkshowmoderator: Timothy Fallon
  • Elisabeth, seine Frau / Natalya Ostrova, eine russische Unternehmerin: Sofia Vinnik
  • Lara Lechner, eine Flat-Eartherin / Das SYSTEM: Rebecca Nelsen
  • Dieter Urban, ein Verschwörungstheoretiker / Mr. Goodman, ein FBI-Agent: Orhan Yildiz
  • Georgina von Solingen, Quants Chefin im Sender: Annelie Sophie Müller
  • Alois Dunkler, Quants Manager: Jakob Semotan
  • Der Kanzler: Daniel Schmutzhard
  • Edgar Binder, Quants bester Freund / Pressereferent des Kanzlers / GORD, ein Außerirdischer; Aaron Pendleton
  • Sarah, Quants Kind: Alma-Marie Sommer
  • Philipp, Quants Kind: Konstantin Pichler
  • Angelica Boob: Tara Randell
  • Stimme aus dem Off: Moritz Eggert

 

Letzte Verschwörung 4 

Rebecca Nelsen (Lara Lechner), Timothy Fallon (Friedrich Quant), Jakob Semotan
(Alois Dunkler), Ensemble - © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

 

Premierenchronik

A UA 25. März 2023 Volksoper, Wien

 

 

Letzte Verschwörung 2

Timothy Fallon (Friedrich Quant) - © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

 

 

Inhaltsangabe


"Friedrich Quant ist ein erfolgreicher Talkshowmoderator, der seine Gäste gerne witzig vorführt. So hält er es auch mit Dieter Urban, einem nerdigen Flat-Earther. Dieser lauert ihm nach der Show auf und gibt ihm einen geheimnisvollen Umschlag. Erst zuhause finden seine Kinder in dem Umschlag Urlaubsfotos, die sich aber in einem sonderbar von den Originalen unterscheiden: im Hintergrund sind nur schlechtgemalte Kulissen zu sehen.

In der Nacht schickt Urban eine Nachricht an Quant: Er will ein Treffen, um Quant 'die Wahrheit' zu zeigen. Neugierig geworden nimmt Quant die Einladung an und trifft Urban, der von einer jungen Frau namens Lara Lechner begleitet wird, im Stadtpark. Die beiden versuchen Quant davon zu überzeugen, dass die Erde in Wirklichkeit flach sei. Quant geht verwirrt nach Hause und vertieft sich in unzählige Webseiten mit den wildesten Theorien. Von seltsamen Träumen geplagt, schläft er die Nacht kaum. Für den nächsten Tag ist er erneut mit Urban verabredet, doch diesmal erscheint nur Lara. Es folgt eine Liebesszene.

Quant versinkt immer mehr in der Welt der Verschwörungstheorien, selbst seine Frau und sein bester Freund Edgar Binder können ihn davon nicht abbringen. Im Bus begegnet ihm Mr. Goodman, der ihn warnt, dass 'die Sache' zu groß für ihn sei. Quant schlägt seiner TV-Chefin Georgina von Solingen vor, ein Special über Urbans Theorien zu machen. Sie lehnt seinen Plan entschieden ab. Quant beobachtet, wie sie seltsame Handzeichen mit dem PR-Manager des Bundeskanzlers wechselt.

Zuhause sitzen plötzlich sein Freund Binder und seine Frau wie ein Ehepaar zusammen am Tisch. Auch die Kinder können sich nicht erinnern, dass Quant je ihr Vater war. Verwirrt trifft sich Quant wieder mit Lara, die nun von Mr. Goodman begleitet wird. Quant gegenüber gibt er sich jetzt als FBI-Agent aus, der gegen eine Verschwörung von Reptilien kämpfe. Alle drei werden von Männern in Schwarz überrascht und mit Strahlen paralysiert.

Quant ist im Krankenhaus. Sein Manager Alois Dunkler sitzt an seinem Bett und schlägt ihm vor, einen Internetkanal namens 'Intelligenter Wiederstand' zu gründen. Quant entwickelt sich zu einem Star, der mit reißerischen Videos über die vermeintliche Weltverschwörung aufklärt. Bei einer Versammlung der Anhänger:innen Quants gibt Lara wichtige Informationen über einen Mobilfunkdeal des Kanzlers mit russischen Investoren preis: Es könnte sich um einen Trick der Reptilien handeln, um die Menschen zu versklaven.

Lara und Quant machen sich auf den Weg zur Villa des Kanzlers, wo sie auf Mr. Goodman treffen, der die beiden aufhalten will. Nach einem Streit wird Goodman als Urban entlarvt, der also die ganze Zeit ein doppeltes Spiel gespielt halt. Lara und Quant dringen in die Villa ein und überraschen den Kanzler beim Sex mit der russischen Investorin. Beide entpuppen sich als Reptilienwesen. Quant erschießt die Reptilien und flieht gemeinsam mit Lara. Ein Ufo erscheint über ihnen und entführt sie. Im Raumschiff der Außerirdischen stellt sich ihnen ein Kapitän Gord als Protektor der Menschheit vor: Lara soll mit seinem Samen befruchtet werden und einen Messias zeugen. Quant erschießt Gord und kann mit Lara fliehen.

Zurück in der Stadt treffen sie sich mit Dunkler in einer Pizzeria. Als andere Gäste untereinander plötzlich mit den schon früher beobachteten Handzeichen kommunizieren, werden Lara und Quant misstrauisch. Sie fliehen in die Küche und entdecken, dass man die Pizza aus Menschenfleisch gemacht hat. Georgina von Solingen und Dunkler entpuppen sich als Teilnehmer:innen dieses Pizza-Gates. Quant und Lara sehen keinen anderen Ausweg, als sich in den Kopf zu schießen.

Als Quant erwacht, befindet er sich an einem unbekannten Ort. Eine Stimme erzählt ihm, dass sein ganzes bisheriges Leben nur eine Computersimulation gewesen sei und er nun dank des 'Systems' die Wahrheit erfahren könne. Lara erscheint als Androidin und will Quant umarmen, doch dieser ist immer noch nicht davon überzeugt, dass dies wirklich 'die letzte Verschwörung' ist …"

(Inhaltsangabe der Volksoper Wien, 2023)

 

Letzte Verschwörung 3

Rebecca Nelsen (Lara Lechner), Timothy Fallon (Friedrich Quant), Orhan Yildiz (Dieter Urban)
© Barbara Pálffy/Volksoper Wien

 

Kritiken

 
"Irrationale Ängste angesichts der Komplexität der Welt, aber auch zunehmende Wut und ein Gefühl der Ohnmacht, das Weltgeschehen nicht ändern zu können, sind Wurzeln von Verschwörungstheorien, die sich über elektronische Kanäle rasend verbreiten. [...] Insofern wählte der deutsche Komponist Moritz Eggert einen hochbrisanten Stoff für sein neuestes Musiktheater, das er im Untertitel als 'Mythos-Operette' bezeichnet. Wie Richard Wagner schrieb Eggert das Libretto selbst. Doch bereits dieser Text zu 'Die letzte Verschwörung' wird ihm zum Verhängnis: Holprige Verse, die keinen musikalischen Fluss entwickeln, und Plattitüden, die nie den demokratiegefährdenden Ernst irrationaler Konspirationslegenden erkennen lassen, begleiten eine umständlich erzählte Science-Fiction-Story, die an Eggerts Linzer Bruchlandung mit „Terra Nova“ von 2016 erinnert. Vor allem aber ist seine Erzählung weitgehend humorfrei, was sich bei einer Operette besonders fatal auswirkt.

Der erste Akt schleppt sich dahin, bestimmt vom Dauer-Parlando, das angesichts des stockenden Texts sogar langatmige barocke Secco-Rezitative spritzig erscheinen lässt. Mit dem klassischen Genre der Operette hat Eggerts Stück ohnehin nur den Hang zu heillosen Übertreibungen gemein. Um wie viel bissiger ist da etwa Jacques Offenbachs 'Orpheus in der Unterwelt', der zurzeit gleichfalls an der Wiener Volksoper zu bestaunen ist, wo 'Die letzte Verschwörung' am vergangenen Samstag uraufgeführt wurde.

[...] . Das Orchester der Wiener Volksoper zeigt sich unter der Leitung von Steven Sloane in prächtiger Spiellaune, auch der erst im zweiten Akt aus dem Off tretende Chor (Einstudierung: Roger Diáz-Cajamarca) entwickelt eine dem Geschehen entsprechende Wucht. Mithilfe des Bühnenbildners Christof Hetzer löst Lotte de Beer die rasch wechselnden Szenenfolgen: Abstrakte Videoprojektionen sind meist zur Stimme aus dem Off zu sehen, die die üblichen Operetten-Dialoge ersetzt, während im verdeckten Hintergrund die Bühne umgebaut wird. Das läuft wie am Schnürchen, bis die Regisseurin am Ende selbst auf der Bühne erscheint, um mehr Emotionen von ihren Hauptdarstellern zu fordern. 'Zurück auf Anfang', ruft de Beer. Nein, bitte nicht!"

Reinhard Kager: Moritz Eggert in Wien: Die letzte Verschwörung: Pizza mit Kinderfleisch. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZnet), 27. März 2023.

 

"Wenn in Wien der Begriff 'Operette' fällt, noch dazu an der viele Jahre lang recht verschnarchten Volksoper, dann wirkt die Mischung aus durchgedrehten Walzern, schmissigen, aber nie kitschigen Musicalnummern, munteren Verwurstungen der E- und U-Musikgeschichte sowie ganz viel lautstarkem Orchesterzunder für manche sicher wie ein Faustschlag. Gut so! Dazu verhackstückt der in München lebende und lehrende Eggert als sein eigener Librettist hier so ziemlich alles, was in letzter Zeit Verschwörungstheoretikern durch ihre Rüben rauscht. Die absurde Pizza-Connection wird thematisiert – gemeint ist ein angeblicher Kinderschänderring rund um Hillary Clinton, der sich angeblich immer in einer New Yorker Pizzeria traf. Ferner wird kräftig mit Leichenteilen hantiert, Reptilienmenschen tauchen auf und kämpfen um die Weltherrschaft, der Bundeskanzler hat Sex mit einer russischen Oligarchin und irgendwann landet auch noch ein UFO ...

[...]Psychologisch ist das alles nicht, auch nicht wirklich gesellschaftskritisch, dafür ziemlich unterhaltsam und dank der stupenden Bühnentechnik ein – echtes – Spektakel! In rasender Geschwindigkeit wechseln Szenen und Szenerien, fürs Bühnenbild von Christof Hetzer und die Kostüme Jorine van Beeks gab es offenkundig weder inhaltliche noch finanzielle Grenzen. Auch musikalisch wird aufgetrumpft, Dirigent Steven Sloane bringt die mit starkem Traubenzucker (und vielleicht noch anderen Substanzen) gefütterte Partitur zum Funkeln und Sprühen. Eine eigene, eigenwillige Sache sind die von Otto Pichler neckisch-hektisch choreographierten Typen in Glitzeranzügen, die vielleicht doch ein wenig zu sehr zappeln und arg oft auftauchen, dazu wenig Sinn die Sache bringen, wobei man mit dem Begriff Sinn ja eh nicht sehr weit kommt."

Jörn Florian Fuchs: Die Operettenfresser kommen! In: BR-Klassik, Sendung "Leporello", 27. März 2023.

 

"Regisseurin Lotte de Beer hat im Verbund mit dem Bühnenbildner Christof Hetzer sowie dem ebenfalls für das Video Design zuständigen Roman Hansi und der für die Kostümentwürfe verantwortlichen Jorine van Beek eine raffinierte Mischung aus 'echter' Theaterkulisse und Videokünsten aufgeboten. Sie beschwören die Schönheiten von Park- und Wohnlandschaften mit höhnischer Süße und frappieren immer wieder mit Tableaus der allerschönsten brave new world. Zu großer Form läuft der Sarkasmus auf, wenn sich die Bühne für einen Blick auf Wiener Zulieferer von Fertigpizza-Belägen öffnet: Mit heiterem Faible für eine Portion Kannibalismus wird Kinderfleisch als Ergänzung zu Oliven, Champignons und Kapern aufbereitet. Guten Appetit auch weiterhin!"

Frieder Reininghaus: An der Wahrheit verzweifeln. Moritz Eggert: Die letzte Verschwörung. In: Die deutsche Bühne, 26. März 2023, [https://www.die-deutsche-buehne.de/kritiken/an-der-wahrheit-verzweifeln/], aufgerufen 9. Februar 2024.

 

 

 

Kommentar

 
Da das Programmheft zur Uraufführung aktuell noch nicht vorliegt, stammen die Angaben aus den seinerzeitigen Presseveröffentlichungen. Die Angaben werden ggf. ergänzt oder geändert, wenn das Originalprogrammheft vorliegt. 

 

 

Empfohlene Zitierweise

 
"Die letzte Verschwörung". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 9. Februar 2024.