Die fabelhafte Welt der Amélie (Amélie)
Musical
Musik von Daniel Messé, Yann Tiersen und Nathan Tysen
Buch von Craig Lucas nach dem Film von Jean-Pierre Jeunet und Guilaume Laurant
Songtexte von Nathan Tysen und Daniel Messé
Deutsches Buch und Liedertexte von Heiko Wohlgemuth
Inszenierung
Deutschsprachige Erstaufführung: 14. Februar 2019
Werk7 Theater, München, Bundesrepublik Deutschland
- Musikalische Leitung: Philipp Gras
- Musikalischer Supervisor: Ratan Jhaveri
- Regie: Christoph Drewitz
- Choreographie: Naomi Said
- Ausstattung: Andrew Edwards
- Puppen: Stefan Fichert
- Licht: Tim Deiling
Besetzung:
- Amélie: Sandra Leitner
- Nino: Andreas Bongard
- Raphael / Bretodeaux: Stephan Bürgi
- Amandine / Philomene: Dorina Maltschewa
- Suzanne: Christine Rothacker
- Georgette: Fleur Alders
- Gina: Kira Primke
- Dufayel / Collignon: Rob Pelzer
- Hipolito / Elton: André Haedicke
- Joseph: Janco Lamprecht
- Lucien: Charles Kreische
- Swings: Karen Bild, Emanuel Jessel, Steffi Regner, Ulrich Talle, Nandi van Beurden, Daniel Wagner
Bühne im WERK7 theater (c) Stage Entertainment / Foto: Franziska Hain |
Premierenchronik
USA | UA | 3. April 2017 | Walter Kerr Theatre, New York |
D | Dspr. EA | 14. Februar 2019 | Werk7 Theater, München |
GB | EA | 11. April 2019 | Watermill Theatre, Newburry |
A | EA | 6. April 2024 | Altes Theater Steyr |
Inhaltsangabe
Amélie Poulain arbeitet als Kellnerin in einem kleinen Pariser Bistro, lebt aber ansonsten sehr zurückgezogen in ihrer Phantasiewelt, in denen z.B. Fotos lebendig werden, sie selbst sich als Retterin der Armen sieht, eigentlich aber nur auf ein bisschen privates Glück hofft. Da dies nicht auf Anhieb gelingt beschließt sie, ihre Mitmenschen glücklich zu machen. Doch dann kommt mit dem ebenfalls etwas merkwürdigen Nino, der Bilder fremder Leute aus Fotoautomaten sammelt, die Liebe ins Spiel, die aber erst noch irgendwie gewonnen werden muss.
(Klaus Baberg)
Sandra Leitner (als Amélie), Ensemble (c) Stage Entertainment / Foto: Franziska Hain |
Kritiken
"Aber weil Film- und Musicalversion so nahe beieinander liegen, haben sie auch mit den gleichen Problemen zu kämpfen: Was die einen romantisch und poesievoll finden, ist für andere öde und belanglos. Während die einen das Zauberhafte und die ruhige Erzählweise loben, klagen andere über langatmige Handlungsstränge und Monotonie. Und in der Tat passiert in den knapp zwei Stunden nicht allzu viel: Zwar wird das gesamte Leben der Amélie Poulain von Geburt bis zur ersten großen Liebe erzählt, aber da sich das introvertierte Mädchen im Wesentlichen in einer Fantasiewelt bewegt und sich erst nach und nach auf andere Menschen einlassen kann, entsteht kein wirklich fesselnder Handlungsfaden.
Regisseur Christoph Drewitz hat versucht, dieses Manko durch eine Fülle von Ideen mit viel Theaterzauber zu kompensieren: Da wird Amélies einsame Kindheit mit Puppen illustriert, ebenso der depressive Goldfisch ´Pottwal´, den die Mutter in der Seine aussetzt, dann wird das Publikum immer wieder miteinbezogen, das betrifft nicht nur die Zuschauer in der ersten Reihe, die an Bistro-Tischen sitzen, sondern bei der Liebes-Schnitzeljagd auch diejenigen auf der Tribüne, wo das Publikum blaue Pfeile hochhalten muss, wenn Amélie ihren angebeteten Seelenverwandten Nino kreuz und quer durch Montmartre manövriert."
Klaus-Dieter Kräft: Die fabelhafte Welt der Amélie, Belanglos statt fabelhaft. In: musicals, Das Musicalmagazin, Heft 196, April/Mai 2019, Seite 14-15.
"Fast berühmter als der Film wurde Yann Tiersens minimalistisch-luftiger Soundtrack, ihn hört man in München auch immer wieder – und musikalisch sind das tatsächlich die stärkeren Passagen. Denn was die eigentlichen Komponisten Daniel Messé und Nathan Tysen für ihr bereits am New Yorker Broadway gezeigtes Musical schrieben, klingt leider zu oft nach Massenware. Additiv und wenig abwechslungsreich hört sich das an, die wenigen guten, einprägsamen Motive werden reichlich wiederholt. Schade, dass die tolle Band unter Leitung von Philipp Grass da nicht mehr Substanz vor, beziehungsweise in die Instrumente bekommt.
[...] Das Musical verschärft gegenüber dem Film die skurrilen Eigenschaften eigentlich aller Figuren. Insgesamt ist das ein bisschen zu viel, hinzu kommen etliche sprachliche Banalitäten. Sandra Leitner (Amélie) bemüht sich redlich, ihrer Partie Farbe und Ausdruck zu verleihen, was ihr leider nicht immer gelingt. Zum einen tönt ihre Stimme etwas zu monochrom, zum anderen fehlen schlicht Stücke, in denen sie sich mal wirklich aussingen kann. Der zweite Hauptverschrobene des Abends, Nino, macht seine Sache gut. Andreas Bongard besitzt eine grundsolide Musicalstimme, kann trotz der Vorlage ein paar eigenständige Nuancen setzen.
Schön ist die Idee, Amélies Kindheit zum Teil als Puppentheater nachzustellen, auch ein mal hier, mal dort auftauchendes Akkordeon macht hübschen Eindruck."
Jörn Florian Fuchs: Halbcharmantes Seelenwirrwarr. In: Deutschlandfunk Kultur / Deutschlandradio, Anstalt des öffentlichen Rechts, 14. Februar 2019.
"´Amélie´ in München bietet - ähnlich wie der Film - eine Handlung, auf die man sich einlassen muss. Verschließt man sich davor, entfaltet sich der Zauber der Geschichte um die sensible und wundersame Protagonistin nur schwerlich. Taucht man aber in ihre ´fabelhafte´ Traumwelt ein, eröffnet sich eine fantasievolle und in schönen Bilden gemalte Geschichte, die mit grandiosen Hauptdarstellern glänzt. [...]
Auch die Bühne ist weiterhin ein halbrundes Auditorium, welches von Bühnenbildner Andrew Edwards in das aus dem Film bekannte ´Café des 2 Moulins´ umgebaut wurde. So bietet der Bühnenhintergrund nun Platz für eine Bar, die für diverse Schauplätze genutzt werden kann, während im vorderen Bereich der Zuschauerränge einige Bistrostühle und -tische stehen, die tatsächlich eine Café-Atmosphäre aufkommen lassen. Mit der Band im oberen Bereich, entsteht so eine Art riesiges Café, das die Zuschauer Teil des Geschehens werden lässt. [...]
Die Kompositionen von Daniel Messé bleiben trotz des Einsatzes einiger Untermalungen aus dem Film-Score ziemlich blass. Bis auf die erwähnten Songs tut man sich schwer, weitere Highlights zu finden, die im Gedächtnis bleiben.
Von den Darstellern kann das Publikum sich jedoch in aller Ruhe verzaubern lassen, denn die künstlerische Seite lässt keine Wünsche offen. [...]
Auch wenn am Ende, aus den beschriebenen Gründen, die Zuschauer das Theater mit einem Lächeln und einem wohligen Gefühl ums Herz verlassen, hat das Konstrukt der Show im ersten Akt doch erhebliche Längen, die den Gesamteindruck etwas trüben. Auch strotzen die Dialoge an manchen Stellen vor Plattitüden, bei denen man sich fragt, wie es sein kann, dass die musikalische Übersetzung (Heiko Wohlgemut) so poetisch gelungen ist, und der Text teilweise so platt sein kann."
Jens Alsbach: Die fabelhafte Welt der Amélie, WERK7 theater, München. In: Online-Portal "musicalzentrale.de", 18. Februar 2019.
Sandra Leitner (als Amélie) und André Haedicke (als Elton; vorn), Ensemble (c) Stage Entertainment / Foto: Franziska Hain |
Medien / Publikationen
Audio-Aufnahmen
- "Amélie". Original Broadway Cast, 2017. Rhino Warner Classics 560750. (1xCD)
- "Die fabelhafte Welt der Amélie". Original München Cast, 2019. Stage Entertainment. (1xCD)
- "Amélie". Original London Cast, 2020. Craft Recording 409. (1xCD)
DVD / Video
- "Die fabelhafte Welt der Amélie". Spielfilm von Jean-Pierre Jeunet, 2001. Universal. (2xDVD)
Kommentar
Die deutschsprachige Erstaufführung der Stage Entertainment war gleichzeitig die europäische Erstaufführung des "Amélie"-Musicals.
Empfohlene Zitierweise
"Die fabelhafte Welt der Amélie" ("Amélie"). In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 12. Dezember 2024.