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Unsere Träume

Musikalisches Schelmenstück


Musik von Peter Kreuder 
Buch und Gesangstexte von Johannes Maje  
Nach dem gleichnamigen Lustspiel von Ugo Betti


Inszenierung


Uraufführung: 29. Juni 1957
Opernhaus, Städtische Bühnen Nürnberg, Bundesrepublik Deutschland
 

  • Musikalische Leitung: Peter Kreuder
  • Regie: Willi Auerbach
  • Bühnenbild: Otto Stich
  • Kostüme: Margret Kaulbach
  • Chöre: Adam Rauh
  • Choreografie: Hildegard Krämer


Besetzung:

  • Leo: Herwig Walter
  • Luis: Kurt Leo Sourisseaux
  • Cäsar A. Bahario: Karl Mikorey
  • Der alte Armagnac: Adolf Rückert
  • Carlos Poscopasca, Unterabteilungsleiter: Heinrich Neckmann
  • Rosa, Seine Frau: Elisabeth Funcke
  • Titi, ihre Tochter: Liselotte Schmidt
  • Agatha, Dienstmädchen: Elisabeth Müllauer
  • Bernardo, Untermieter bei Poscopasca: Alfons Graf
  • Lupe, die Sekretärin bei Bahario: Gerda Hensel
  • Filippo, Bürodiener: Hermann Sandbank
  • Ein Reporter: Jörg Holm
  • Ein Kellner in der Cafeteria Brasiliens: Hermann Scholz
  • Madame: Anny Coty
  • Ein Heldentenor: Pavel Mirov
  • Ein Polizeibeamter: Willfried Gumtau
  • Ein Kellner in der Boites: Hans Beßler
  • Eine Blumenverkäuferin: Inge Hoffmann
  • Ein Pianist: Hans Holdt

 

  • Ein Soloquartett (Reporter): Karlheinz Gäbler, Hans Rickal, Hans Kammerer, Ludwig Raab

 

 

Premierenchronik

D UA 29. Juni 1957 Opernhaus, Städtische Bühnen Nürnberg

 

Inhaltsangabe


Die Geschichte ist schnell erzählt: Sie spielt in Brasilien, in Sao Paulo, während des Karnevals. Zwei Ganoven versuchen ihr Glück, kommen zum Kaufhof eines reichen Mannes, in dem es alles gibt, alle Träume vom Glück verwirklicht werden können. Der Geschäftsführer gibt einem der Ganoven zwei Tickets für ein klassisches Konzert. Er wird zudem in die Wohnung eines Mitarbeiters im unteren sozialen Milieu geschickt, wo er einem Mädchen begegnet, der gegenüber er sich als reich ausgibt, worauf sie glaubt, ihr "Traumprinz" sei endlich erschienen. Man geht zusammen Essen. Doch als er ihr - aus Verliebtheit - mitteilt, dass er eigentlich gar nicht reich ist, zerbricht ihr Traum schon wieder. Sie erkennt, dass ihr Platz an der Seite ihrer Eltern ist, dass sie den lieben Burschen aus der Nachbarschaft heiraten sollte, auch wenn er arm ist, dass ihre Eltern Recht haben, die mit dem Wenigen, was sie haben, glücklich sind. Sie streben nicht nach dem Besitz einer Villa, sie brauchen keinen Verleger für die Musik, die der Vater komponiert, und keinen wichtigen, gutdotierten Posten im Geschäftsleben. Darüber hinaus erkennt sogar der Ganove, dass er es doch eigentlich gut getroffen hat: Er hat einen Kumpel, einen Freund, er ist nicht allein auf der Welt.
 

(Wolfgang Jansen, 2020)

 

Kritiken


"Peter Kreuder hat mit diesem opus versucht, von der Schablone der Operette wegzukommen und einen neuen Weg zu finden. Der Vorsatz, die Arbeit, die des Komponisten und die des ganzen Apparates unseres Theaters, verdienen zunächst einmal unsere Anerkennung. ´Ob es mir geglückt ist, das weiß ich nicht, das werden Sie nach der Premiere entscheiden müssen´, sagte er uns. Das letzte Wort wird in dieser Sache aber nicht der Kritiker, sondern das Publikum haben. Das Premierenpublikum reagierte oft mit freundlichem Beifall nach einzelnen Nummern, einige kritische Besucher verließen aber schon in der Pause die Uraufführung. [...] Vieles ist Revue mit schönen, sparsam kostümierten Ballett-Mädchen, manches Chanson und Ensemble ´kommt an´, es ist moderne Rhythmik in der oft zu lauten Musik und wo sie auf die leisen Töne geht, da spricht sie das Gemüt und die Sentimentalität an wie in der alten Operette. [...]

Als Ganzes ist das Stück zäh. Denn die Strophenliedchen wirken lähmend auf die Entfaltung der poetisch-theatralischen Handlung. Gehalt und Gestalt stehen bei diesem Werk in gar keinem Verhältnis. Kreuder hat ein pompöses Schloß für ein niedliches Mäuschen gebaut. Wenn man aus dieser Uraufführung eine Lehre ziehen kann, dann die: schreibt muskalische Lustspiele mit kleinem Apparat, Stücke, die man mit wenig Leuten im Orchester und auf der Bühne überall leicht aufführen kann.

Wieviel Arbeit und Geld ist in Nürnberg in diese Uraufführung gesteckt worden. Ein riesiges Aufgebot an Menschen aus der Operette, dem Schauspiel und dem Ballett."

M. Sp.: Peter Kreuder zwischen Traum und Wirklichkeit, Die Uraufführung des musikalischen Schelmenstücks "Unsere Träume". In: Nürnberger Zeitung, 1. Juli 1957.

 

"Wie weit, so müßte einmal geklärt werden, geht die Berechtigung, ein geistiges oder künstlerisches Werk von unbestritten hohem, international anerkanntem Rang nicht nur zu verändern, zu zerstückeln und mit allerhand Zutaten zu versehen, sondern in seinem Sinn und seiner Aussage umzukehren und zu verfälschen. Die Bearbeiter dieses Musicals nach Ugo Bettis Komödie ´Unsere Träume´, das jetzt im Opernhaus der Städtischen Bühnen Nürnberg uraufgeführt wurde, können sich dabei nicht einmal auf den Präzedenzfall ´Kiss me, Kate´ berufen, denn die amerikanischen Autoren verhehlten es keinen Augenblick, wie frei sie mit Shakespeare umsprangen. Das Nürnberger Publkum jedoch mußte meinen, einen nur um drei Traumszenen bereicherten Ugo Betti vor sich zu haben, und angesichts desssen, was auf der Bühne vor sich ging und zu hören war, konnte es ihn wahrlich nicht für einen Dichter, sondern nur für einen miserablen Schnulzentexter halten. 

Wo Betti im Gewand einer Komödie aus dem Alltag fast so etwas wie eine religiöse Allegorie der Demut gibt, trällern jetzt leichtgeschürzte Revuegirls ein ´Man muß schon in der Liebe oft ein Luder sein´, und wenn in Bettis wunderbar poetischen Schlußworten aus der Erkenntnis der Nichtigkeit alles Irdischen, der Vanitas im Sinne mittelalterlicher Mysterienspiele, dann doch der Glaube, die Hoffnung und die Liebe aufblühen, verkörpert im Glück der kleinen Dinge unseres Lebens, dann schmettert in diesem Musical ein ´Kauf dir die Welt!´ fortissimo in den Saal. Um eine angeblich farbigere musikalische Kulisse zu haben, wurde die Handlung aus Italien in ein Operetten-Brasilien verlegt; damit wurde dieser Absage an alle Illusionen, an weltferne Träume und maßlosen Ehrrgeiz, die seinerzeit unter dem Faschismus auch eine politische Zielsetzung erkennen ließ, ihre gesellschafts- und zeitkritische Grundlage genommen. Dafür singt dann der Schlußchor: ´Calma, Calma, tara-tara, Zig-Boom´. [...]

Am Pult stand der Komponist Peter Kreuder. Was ihm musikalisch einfiel, geht über das Stimmungs-Arrangement und die herkömmliche Schlager-Fabrikation nicht hinaus."

Ulrich Seelmann-Eggebert: Ein Musical nach Ugo Betti, Uraufführung von Peter Kreuders "Unsere Träume" in Nürnberg. In: Aachener Nachrichten, Nr. 157, 10. Juli 1957.

 

"Die Bundesversuchsanstalt für das heitere Musiktheater der Gegenwart - so möchte man das Nürnberger Opernhaus nennen. Mindestens zweimal in der Spielzeit ruft Generalintendant Karl Pschigode die Auguren aus allen Himmelsrichtungen zusammen, um ihren entdeckungsfreudigen Ohren ein neues Produkt seines musikalischen Laboratoriums in Uraufführung vorzustellen. Bisher gab es einige gequälte Homunculi, einige Wechselbälge zwischen Operette und Singspiel und einige spritzige Spielereien zu hören. Der Messias des leichten Genres neuer Prägung, witzig wie Offenbach, einfallsreich wie Johann Strauß und modern wie ein Radargerät, wurde noch nicht gefunden. [...]

Kreuder versprach mehr als er hielt. Sein Schelmenstück ist nichts anderes als eine exotisch akzentuierte Revue- und Ausstattungsoperette gängiger Art, ohne Klischee-Handlung zwar, doch sonst mit den bewährten Zutaten. [...]

Der notorische Optimismus der Musik Peter Kreuders gibt die Grundfarbe. Synthetische Volksliedchen, die singspielhaft süße Spezialität Kreuders, trällern schummrig daher, brasilianische Rhythmen knallen dazwischen, und Erinnerungen an den frühen Weill unterbrechen herb die schmeichelnden Gefälligkeiten. Im Grunde: der bewährte, alte Kreuder, der nach dem Volkston im Schlager sucht."

Karl Schumann: Unsere Träume von Peter Kreuder, Operetten-Uraufführung in Nürnberg. In: Süddeutsche Zeitung, 3. Juli 1957.

 

 

Medien / Publikationen

 

Literatur

  • Peter Kreuder: Schön war die Zeit, Musik ist mein Leben. München: Kindler 1955.
  • Peter Kreuder: Nur Puppen haben keine Tränen, Ein Lebensbericht. Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe 1973.
  • Michael Kerstan: Souris Arche, Kurt Leo Sourisseaux und die Nürnberger Operette ab 1950. Berlin: Henschel 2007.

 

 

Kommentar


Eine im Buchhandel erschienene Publikation von Ugo Bellis Schauspiel scheint es nicht gegeben zu haben. Keine einzige deutsche Bibliothek hat das Stück im Bestand.

 

 

Empfohlene Zitierweise


"Unsere Träume". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 29. Juni 2020.