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Street Scene (Die Strasse)

Amerikanische Volksoper


Musik von Kurt Weill
nach dem gleichnamigen Schauspiel von Elmer Rice
Lyrische Texte von Langston Hughes
Deutsche Übertragung von Lys Bert

 

 

Inszenierung


Deutschsprachige Erstaufführung: 26. November 1955  
Städtische Bühnen Düsseldorf (Opernhaus) im Theater am Worringer Platz, Düsseldorf, Bundesrepublik Deutschland

  • Musikalische Leitung: Siegfried Köhler
  • Regie: Friedrich Schramm
  • Bühnenbild: Caspar Neher

 

Besetzung:  

  • Frank Maurrant: Randolph Symonette
  • Anna Maurrant, seine Frau: Hanna Ludwig
  • Rose Maurrant, deren Tochter: Ingrid Paller
  • Lippo Fiorentino: Walter Beißner
  • Greta Fiorentino, seine Frau: Tilly Lüssen
  • George Jones: Josef Redenbeck
  • Emma Jones, seine Frau: Trude Alex-Hoerle
  • Mae Jones, deren Tochter: Lucie Klüfer
  • Vincent Jones, deren Sohn: Rolf-Herbert Schulz
  • Carl Olsen: Anton Imkamp
  • Olga Olsen, seine Frau: Ingeborg Lasser
  • Abraham Kaplan: Gustav Jahrbeck
  • Sam Kaplan, deren Sohn: Karl Diekmann
  • Shirley Kaplan, deren Tochter: Leonore Gedat
  • Henry Davis, Hausmeister: Friedrich Wilhelm Andreas
  • Daniel Buchanan: Walter Jenckel
  • Harry Easter: Alfons Holte
  • Dick: Fritz Doege
  • Zwei Kinderschwestern: Elisabeth de Bruin, Helga Schmidt-Althoff
  • Frau Hildebrand: Waltraud Menze
  • Jennie Hildebrand, ihre Tochter: Gisela Graf
  • Sankey: Hans Werner
  • Dr. Wilson: Gerhard Koopmann
  • Vier von der Heilsarmee: Else Ditgens, Brunhilde Meyer, Elli Schmitz, Anny Splittdorff
  • Ein Negerpaar: Sylvia Jansen, Emil Berghaus
  • Polizeiinspektor Murphy: Fritz Fuchs
  • Polizisten: Johannes Prenger, Friedrich Thillmann
  • Gerichtsvollzieher Henry: Fritz Gielen
  • Sein Gehilfe: Willi Moortz
  • Milchmann: Kurt Wagner
  • Altwarenhändler: Hans Neidhart
  • Ein Ehepaar: Erna Kühn, Willy Schenk
  • Assistenzarzt: Theo Menzen
  • Schülerinnen: Christa Baumgarten, Gerlind Gestermann, Renate Siemsen

 

Kinderollen

  • Willie Maurrant: Hans Möller
  • Mary Hildebrand: Ingrid Oxenfort
  • Grave Davis: Steffi Loch
  • Joan: Heidi Wadler
  • Joe: Manfred Hollenberg

 

 

 

Premierenchronik

USA UA 9. Januar 1947 Adelphi Theater, New York
D Dspr. EA 26. November 1955 Städtische Bühnen Düsseldorf
GB EA 26. April 1987 Palace Theatre, London

 

 

 

Inhaltsangabe

 

In „Street Scene“, einem Stück aus dem New Yorker Großstadtleben, geht es um eine Hausgemeinschaft durchschnittlicher Amerikaner. Die Geschichte spielt in der Gegenwart an zwei aufeinander folgenden Tagen. Im Haus ballen sich die unterschiedlichsten Lebensläufe, wie sie für die Immigranten-Gesellschaft der USA typisch sind: Italiener, Iren, russische Juden, Deutsche, Schwarzamerikaner, Polen und Schweden. Sie leben nebeneinander, miteinander, äußern ihre unterschiedlichen Wertvorstellungen, reiben sich aneinander, pflegen ihre Abneigungen und Vorurteile – und unterliegen dennoch dem großen, allgemeinen Einbürgerungsprozess, der aus Immigranten amerikanische Staatsbürger macht. Gewöhnlicher Alltag kommt auf die Szene: Die Männer gehen Arbeiten, die Frauen sind zu Hause und ziehen die Kinder auf, die Jugendlichen flirten und suchen nach einem Platz im Leben, hoffend auf ein wenig Glück. Geburt und Tod sind ebenso nahe zueinander gerückt wie der Ein- und Auszug von neuen Mietern.

Eine einheitliche Kulisse, die Außenfassade des Wohnblocks mit einem kurzen Stück Straße, bestimmt die Szene. Handlungsbezogen tritt die Familie Maurrant am stärksten hervor: Er wird zum Mörder an seiner Frau und ihrem Liebhaber, woraufhin die Tochter sich für einen Mann entscheidet, den sie nicht liebt. Drückende Schwüle lastet symbolträchtig über der Szene.

(Wolfgang Jansen)

 

 

 

Kritiken

 
"Mit schrillen Akkorden beginnt Weills Musik, die Musik zu einer Kolportage. Leitmotivisch kehren diese Akkorde, anderes auch, später wieder. Nun mischt der Komponist seine klingenden Farbtöpfe, läßt das Sprechen ins Melodram übergehen, monotone, scharf rhythmische Orchesterklänge begleiten. Ein erster arienhafter Song erklingt, er klingt nach ´Cavalleria rusticana´. Musikalische Überleitungen, knapp und kantig gesetzt, erinnern an Kurt Weill, wie man ihn kannte. Jemand verteilt Eishörchen, alles beginnt zu singen, den Song vom Eis, sehr gesüßt, aber zündend, so daß Tanz draus wird, übermütiger Tanz, vorm Haus auf der nächtlichen Straße. Zur Show verbreitert sich die Szene mit dem Refrainlied von ´Seidenpapier´. Das Publikum ist entzückt, möchte mitsingen mit den Kindern und den Erwachsenen auf der Bühne. Dann hört man Blues. Ein exzentrisches, ordinäres Paar tritt auf, singt und tanzt betrunken. Später wird es lyrisch, wenn vom Fliederbusch gesungen wird und man nur noch an Puccini denken kann. Diese Klänge nun wird man nicht mehr los. Im zweiten Akt, der mit zündend komponierten Kinderspielszenen beginnt (man denkt mal an den ´Jasager´), tritt rührseliger Lehár-Stil an die Stelle Weills. Ob Operettenschmalz wie bei ´Fliehen wir zusammen´ oder Tango - man beginnt zu gähnen, weil sich alle Grenzen verwischen, oder, weil man in Europa nicht am Broadway ist. Schade. Ein schlichtes Musical ist dann doch mehr als diese aufwendige Operette." 

h.: Eine tragische Operette, Europäische Erstaufführung von Weills "Straße" in Düsseldorf. In: Rheinische Post, Nr. 275, 28. November 1955.

 

"Für die Beurteilung von Substanz und Regie muß gerechterweise aber auch berücksichtigt werden, daß wir bei Gershwin ein wirkliches Original erlebten, während ´Street Scene´ in einer ganz unzureichenden, dilettantischen Uebersetzung dargeboten wurde. Dadurch gingen die intimen Reize der ´Lyrics´ von Langston Hughes verloren, das Volkstümliche des Textes wurde platt, das Hemdsärmelige gewöhnlich. Die geringen Möglichkeiten zu einer überhöhten Stilisierung des naturalistischen Stoffes konnten nicht genutzt werden, und so sah man sich einem Brocken Wirklichkeitsrohstoff gegenüber, dem man beim besten Willen keinen höheren (oder tieferen) Sinn abgewinnen konnte. Ein Wesenszug des Broadway, der zu nichts verpflichtete, nur über die Oberfläche der Dinge weggehende Show-Charakter, tritt in diesem Libretto von Elmer Rice beängstigend zutage. Gegen diesen eiskalten Verismus ist ´Cavalleria rusticana´ große, symbolmächtige Kunst. Gewiß ist es ein artistisches Kunststück, ein solches Bündel von Alltagsschicksalen auf kleinstem Raum sich entwickeln zu lassen, gewiß zeugt das Ganze von scharfer Beobachtung und glänzendem Handgelenk, aber es fehlt doch eigentlich alles, was in unseren Augen einen solchen Stoff in  den Rang eines Kunstwerkes, selbst eines solchen anspruchlosester Art, erheben könnte. ´Street Scene´ ist gewiß ein Bild amerikanischen Lebens - aber nur ein Foto-Schnappschuß. [...]

Kurt Weills Musik [...] ist unerträglich sentimental, verbraucht, rücksichtslos in der Anwendung grober Effekte und nimmt ihre Formeln von Wagner bis Lehár bedenkenlos zusammen. Man sagt, zum Teil mit Unrecht, dass Menotti schlechter Puccini  sei. Der zweite Akt von Weill ist schlechter Menotti."

Alfons Neukirchen: Oper als Volksausgabe vom Broadway, Europäische Erstaufführung "Street scene" von Elmer Rice und Kurt Weill in der Düsseldorfer Oper. In: Düsseldorfer Nachrichten, 28. November 1955.

 

"Und das ist dran: ein totaler Opernausverkauf zu konkurrenzlos billigen Preisen! Eine ganze Generation kennt den unvergessenen Tonfall der Dreigroschenoper. Die Erinnerung an ihren Komponisten ist unverblaßt - ach, hätte man den Broadway-Komponisten Weill doch nie kennengelernt! Es ist schlimmer als bei Korngold, der sich tumben Gemüts der amerikanischen Amüsierindustrie auslieferte. Hier aber hat sich ein kluger Kopf und theaterwacher Geist einfach dem Geschäft verschrieben, dem Geschäft mit Show, Revue, Operette und Oper, dem gerissenen Geschäft mit Gershwin, Lehár, Leoncavallo, Puccini und immer wieder Puccini, der ungeniert ausgeplündert wird bis zum fast wörtlichen Zitat von Mimis eiskalten Händchen. [...]

Zum Schluß mehr als ein Dutzend Vorhänge. Keiner zog den Hausschlüssel aus der Tasche - das war vielleicht das Betrüblichste an diesem Düsseldorfer Opernbegräbnis."

E.: Noch eine amerikanische Volksoper, Kurt Weills "Street Scene" (Die Straße) in Düsseldorf. In: Kölnische Rundschau, 28. November 1955.

 

 

 

Medien / Publikationen


Audio-Aufnahmen

  • "Street Scene". Original London Cast, Complete Recording, Studio-Einspielung 1989, released on TER records 1991, CDTER2 1185. (2xCD)

 

Video / DVD

  • "Street Scene". Co-Produktion der Houston Grand Opera mit dem Theater im Pfalzbau und dem Theater des Westens Berlin, Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, cond. James Holmes, 1995. Distributed by Imgage Entertainment ID9240RADVD. (1xDVD)

 

Literatur

  • Elmer Rice: Street Scene. A Play in three Acts. New York: French 1929.
  • Jürgen Schebera: Kurt Weill. rowohlt monografien 50453, Reinbek: Rowohlt 2000.
  • Wolfgang Jansen: "...eine Räuberpistole aus New Yorker Hinterhöfen", Zur Europäischen Erstaufführung von Kurt Weills ´Street Scene´ 1955 in Düsseldorf. In: Ders.: Musicals, Geschichte und Interpretation. Gesammelte Schriften zum populären Musiktheater, Band 1, Münster u.a.: Waxmann 2020, Seite 66-73.

 

 

 

Kommentar

 
Mit Lys Bert ist Lys Symonette gemeint, die Ehefrau von Randolph Symonette.

Die deutschsprachige Erstaufführung war zugleich die europäische Erstaufführung.

 

 

 

Empfohlene Zitierweise

 
"Street Scene" ("Die Strasse"). In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 31. Januar 2021.