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Prinz von Preußen

Musical


Musik von Dieter Brand und Harry Sander
Instrumentation von Joachim Gocht
Buch von Helmut Bez und Jürgen Degenhardt 
(Görlitzer Fassung von Kay Link)
Gesangstexte von Jügen Degenhardt

 

 

Inszenierung


Bundesdeutsche Erstaufführung: 23. September 2023
Gerhardt-Hauptmann-Theater, Große Bühne Zittau

  • Musikalische Leitung: Ulrich Kern
  • Regie: Kay Link
  • Choreografie: Enrico Paglialunga
  • Ausstattung: Katrin Hieronimus
  • Chor: Albert Seidl

 

Besetzung:  

  • Harry: Merlin Fargel
  • Max: Michael Berner
  • Lily: Kara Kemeny
  • Waldemar von Brosig, Kammerherr: Ireneusz Rosinski
  • Mrs. Ellinor Walcott: Yvonne Reich
  • Mimi: Marie-Luise Engel-Schottleitner
  • Strebsam, Hoteldirektor: Harald Schröpfer
  • Trude, Automatenfrau / Amanda von Brause: Désireé Ursu
  • Mimis Gang: Adrienn Balász, Liga Jankovska, Julia Pietrusiewicz, Lukas Deege
  • Herr von Maltzahn / Wackritz-Wackendort: Carsten Arbel
  • Kriminalbeamter: Philipp Scholz
  • Frau von Wahnstein: Mi-Seon Kim
  • Helene von Liebenstein: Katja Woite
  • Herzogin Amalie: Kristin Hui-Ting Yu
  • Schwanhild von Schmalkalden: Cordula Archner
  • Herren des Ordnungsbundes: Carsten Arbel, Hyeongwoo Kim, Wojciech Kucz ynski, Heiko Vogel

 

 

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Merlin Fargel (als Harry)

© Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau / Foto: Pawel Sosnowski

 

 

Premierenchronik

DDR UA 9. April 1978 Städtische Bühnen, Erfurt
D EA 23. September 2023 Gerhart-Hauptmann-Theater, Große Bühne Zittau

 

 

 

Inhaltsangabe


Das Stück ist eine humoristische Kriminalgeschichte mit historischen Bezügen zur Zeitgeschichte und basiert auf realen Geschehnissen. Es spielt in den 1920er Jahren, die Monarchie im Deutschen Reich ist abgeschafft, der Kaiser gestürzt, doch gibt es noch jede Menge Anhänger des alten Regimes, insbesondere unter den Adeligen. Diese Erfahrung macht auch Harry, ein junger, armer, staatenloser Mann, der feststellt, wie gut es sich leben lässt, wenn man vorgibt, adeliger Herkunft zu sein. Die Bereitschaft, einander zu unterstützen, ist in diesen Kreisen erheblich. Jahrelang lebt er auf diese Weise auf großen Fuß. Doch dann glaubt man ihm plötzlich in einem Luxushotel nicht, als Baron von Korff zum mittleren Adel zu gehören. Stattdessen hält man ihn für einen Enkel des vormaligen Kaisers, also die Spitze der Adelshierarchie zu repräsentieren. Er sieht sich, will er nicht auffliegen, gezwungen, der Vermutung Recht zu geben, worauf der Hoteldirektor prompt die Presse und Adelswelt über die Anwesenheit des vermeintlichen Inkognitos informiert. Die Situation beginnt sich für ihn unangenehm zuzuspitzen, so dass Harry beschließt, seine wahre Identität zu lüften und mit Lily, deren Liebe er nicht verlieren will, ins Ausland zu flüchten. Zurück bleibt eine der Lächerlichkeit preisgegebene Adelswelt.

(Wolfgang Jansen)

 

 

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Kara Kemeny (als Lily), Tanzcompagnie

© Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau / Foto: Pawel Sosnowski

 

 

Kritiken

 
"Das Musical ist eine Ausgrabung aus DDR-Zeiten, 1978 in Erfurt zur Uraufführung gebracht, danach allerdings nirgends nachgespielt. Die Stückunterlagen haben sich jedoch erfreulicherweise erhalten, so dass der Weg zu einer Wiederbelebung möglich wurde. Freilich hatte das Textbuch von Helmut Bez und Jürgen Degenhardt, bekannt durch ´Mein Freund Bunbury´, in den vergangenen 45 Jahren etwas Staub angesetzt, sodass sich der Regisseur Kay Link entschied, eine Überarbeitung vorzunehmen. Entstanden ist die ´Görlitzer Fassung´, wie es im Programmheft heißt. [...]

Die Regie von Kay Link hat mit großem Geschick den Humor des Geschehens herausgearbeitet, wobei er zu Recht den Charakter der Figuren psychologisch nicht unnötig vertiefte. Bis auf den Kammerherrn Waldemar von Brosig, der von Ireneusz Rosinski eher als eine Art ´netter Onkel´ dargestellt wird, sind die anderen Mitglieder des Adels durchweg als Karikaturen im Greisenalter angelegt. Sonderapplaus erhielt Harald Schröpfer für seine Rolle als devoter Hoteldirektor mit dem sprechenden Namen ´Strebsam´: drastische Komik vom Feinsten! Wunderbar! Von ihnen unterscheiden sich im positiven Sinne die Hochstapler Max und Harry, eigentlich ja Verbrecher, die sich auf Kosten anderer trickreich durchs Leben schlagen, aber im Stück sind sie dennoch als Sympathieträger angelegt. Allen voran natürlich Harry, der mit Merlin Fargel ideal besetzt wurde. [...]

Insgesamt war die Inszenierung vergnüglich anzusehen. Ob das Stück freilich im breiten Sinne wiederentdeckt werden wird, habe ich meine Zweifel." 

Wolfgang Jansen: Prinz von Preußen, Eine Ausgrabung aus DDR-Zeiten. In: musicals, Das Musicalmagazin, Heft 222, Dezember 2023/Januar 2024, Seite 48-49.

 

"Großer Bahnhof für den Kaiser-Enkel Friedrich II. auf Burg Bruchstein. Wie Zombies wankt der verbliebene, immer noch monarchie-besessene Hochadel Thüringens in den Ahnensaal, huldigt dem angeblichen Hohenzollern-Prinzen mit schwülstiger Prosa und beschwört längst vergangene Zeiten mit einem patriotischen Lied herauf: ´Im Namen der Republik: Es lebe die Monarchie!´. Als adelige Fräuleins, Oberlandesforstmeister, Kammerherren und  weitere Hofschranzen brillieren die Mitglieder des Opernchores nicht nur gesanglich, sondern zeigen vor allem ihre schauspielerische Individualität. Ausstatterin Katrin Hieronimus kleidet die ewig-gestrigen Aristokraten wie aus der Mottenkiste und dekoriert dazu den Ahnensaal mit skurrilen Tierporträts, was den satirischen Regie-Ansatz unterstützt.

Diese Szenenfolge direkt nach der Pause ragt einsam aus dem Inszenierungs-Einerlei von Kay Link heraus. Er erzählt Harrys Hochstapler-Geschichte in knapp drei Stunden behäbig und sehr traditionell, wobei den überlang wirkenden Sprech-Szenen die eine oder andere Kürzung für mehr Tempo gutgetan hätte. Allerdings gibt das dramaturgisch blutleere Buch von Helmut Bez und Jürgen Degenhardt auch nicht viel her, sodass das Hauruck-Ende, in dem sich Harry, dieses Mal in der Rolle einer Zeitungsverlegerin, seiner Verhaftung entziehen kann, wie eineErlösung wirkt. [...]

Auch wenn die Lausitzer Philharmonie unter der Leitung von Ulrich Kern die Kompositionen als satten Orchester-Sound serviert, passen sie weniger zum Genre Musical und tendieren mit Songs wie ´Warum macht die Dolores jeden Abend Kokolores´ eher in Richtung Revue-Operette.

Dem Gerhart-Hauptmann-Theater kann die Ausgrabung dieses Musicals made in GDR nicht hoch genug angerechnet werden. Allerdings dürfe das Stück es schwer haben, an anderen Häusern nachgespielt zu werden. Dafür fehlt ihm - trotz interessanter, historisch verbürgter Titelfigur - einfach die Substanz."

Kai Wulfes: Prinz von Preußen, Großer Saal, Zittau. In: online-Portal "musicalzentrale.de", 3. Oktober 2023.

 

"Natschinskis ´Mein Freund Bunbury´ war der große, nachhaltige Erfolg im ´heiteren Musiktheater´, das in der DDR die bürgerliche Operette überwinden und eine Alternative zum Broadway-Kommerz bilden sollte. Die Autoren Helmut Bez und Jürgen Degenhardt legten 1978 nach. Aus einem bewährten Stoff formten sie den ´Prinz von Preußen´. [...]

Allerdings ging es Bez und Degenhardt mehr um eine unterhaltsame, humorvolle Komödie. Das Wälzen von Problemen gehörte nicht zum Aufgabenkanon des heiteren Musiktheaters. So erfanden die Autoren um den im Original homosexuellen Hochstapler eine Liebesgeschichte. Und neben der spannenden Frage ob zusammenfindet, was zusammengehört, geht es vor allem darum, dass sich die Außenseiter über die Etablierten lustig machen und deren Marotten ausnutzen, um schließlich auch etwas von großen Kuchen abzubekommen.

Fazit: ein humorvolles Stück, solide gespielt und gesungen - gelungene Unterhaltung."

Jens Daniel Schubert: Eulenspiegel und der große Kuchen, Das fast vergessene DDR-Musical "Prinz von Preußen". In: Orpheus, Oper und mehr. Heft 6, November/Dezember 2023, Seite 81.

 

 

 

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Yvonne Reich (als Ellinor Walcott), Ireneusz Rosinski (als Waldemar von Brosig)

© Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau / Foto: Pawel Sosnowski



Medien / Publikationen

 

Literatur

  • Harry Domela: Der falsche Prinz, Leben und Abenteuer, Im Gefängnis zu Köln von ihm selbst geschrieben. Berlin: Malik 1927.

 

 

 

Empfohlene Zitierweise

 
"Prinz von Preußen" [Zittau]. In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 11. Februar 2024.