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Wer ist Paule Panke

Rockspektakel


Musik von Jürgen Ehle, Joachim Kielpinski, Frank Hille, Gruppe Pankow
Arrangements von Jürgen Ehle und Rainer Kirchmann
Text von Wolfgang Herzberg (Fassung des Theaters der Stadt Schwedt)

 

 

Inszenierung


Uraufführung: 30. April 1987
Theater der Stadt Schwedt, DDR

  • Musikalische Leitung: Jürgen Ehle
  • Regie: Gert Hof
  • Bühnenbild: Erwin Bode
  • Kostüme: Thomas Greis

 

Besetzung:  

  • Paule Panke, Schlosserlehrling: André Herzberg/Pankow
  • Carla Panke, seine Mutter: Helga Isensee
  • Trine Panke, seine Schwester: Uta Ernst
  • Harald Panke, sein Vater / Werkleiter: Werner Stempel
  • Mathilde (Hilde) Jansen, Arbeitskollegin von Paule: Valeska Hegewald
  • Wilfried Falk, Meister und Ausbilder von Paule: Wolfgang Kaiser
  • Inge Pawelczik, Rockermädchen: Antje Goldmann
  • Jugendfreund Ahrdorf, FDJ-Sekretär: Jürgen Petereit
  • Stein, Hauptwachmeister der VP: Andreas Wohlfahrt
  • Zapf, Hauptwachmeister der VP: Ingo Albrecht
  • Kiesel, Wachtmeister der VP: Romeo Riemer
  • Dr. Lehmann-Stoff, Referent der Urania: Silvio Hildebrandt
  • Kulturverantwortlicher, stellv. Leiter der Abteilung Kultur / Genosse Seichtow, Parteisekretär: Roland Möser
  • Frau Krause, Nachbarin der Pankes / Kollege Roeter, stellv. BGL-Vorsitzender: Gabriele Saaran
  • Mann mit Mundharmonika: Jürgen Ehle/Pankow
  • Operettenbuffo: Rainer Kirchmann/Pankow
  • Conférencier Blume: Joachim Gerth 
  • Passanten, Lehrlinge, Käufer: Ines Heinrich, Gabriele Saaran
  • Das Innere der Nacht: Aelrun Hof-Götte 

 

  • Gäste des Betriebsfestes: Ingo Albrecht, Joachim Gerth, Silvio Hildebrandt, Olaf Hilliger, Roland Möser, Thomas Otto-Gläser, Jürgen Petereit, Romeo Riemer, Frank Werber, Andreas Wohlfahrt

 

 

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In der Lehrlingswerkstatt, v.r.: Wolfgang Kaiser (als Meister Falk), André Herzberg (als Paule Panke), Ensemble

(c) Stadtarchiv Schwedt/Oder / Foto: Bernd Giesa

 

 

Premierenchronik

DDR UA 30. April 1987 Theater der Stadt Schwedt

 

 

Inhaltsangabe


Die Geschichte spielt in Berlin, in der seinerzeitigen Gegenwart, und erstreckt sich über einen Tag, einen Freitag. Titelheld ist der Schlosserlehrling Paule Panke, der mit seinem Leben unzufrieden ist. Seine Mutter weckt ihn früh um fünf Uhr, damit er pünktlich zur Arbeit kommt. Nebenbei erzählt sie ihm, dass der Vater die Familie verlassen hat.

Paule kommt einige Minuten zu spät zum Arbeitsbeginn und muss sich heftige Vorwürfe des Meisters anhören. Er reagiert abweisend, so dass der Meister eine Versammlung einberufen lässt, auf der Paules Verhalten besprochen und er gemaßregelt werden soll. Einzig die ältere Kollegin Hilde verteidigt ihn, die dem Meister einen unpassenden Kasernenhofton vorwirft.

Am Abend ist Betriebsversammlung, zu der auch Paule muss. Er trifft dort Inge, die eigentlich aus Greifswald kommt. Sie finden Gefallen aneinander und verbringen die Nacht miteinander, wohl wissend, dass sie sich am kommenden Tag wieder trennen müssen. Außerhalb des Betriebs gibt es individuelle Freiheit.

(Wolfgang Jansen)

 

 

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In der Einkaufshalle, dritter von rechts André Herzberg (als Paule Panke), Ensemble

(c) Stadtarchiv Schwedt/Oder / Foto: Bernd Giesa

 

 

Kritiken

 
"Um es vorweg zu sagen, ich bin mit einiger Skepsis zur Premiere gefahren, nachdem ich das Textbuch gelesen hatte. Wohlgemerkt, es ist keine Rockoper o.ä. gedacht, sondern um die bekannten Paule-Panke-Titel gruppieren sich mehr oder weniger inhaltlich abgeleitete Szenen, die die Lieder textlich im besten Fall vertiefen, bzw. umgekehrt, die Lieder als musikalische Illustration des Textes. Meine schlimmsten Befürchtungen gingen in Richtung einer Art Nummernprogramm, kabarettmäßig, mit Musikeinlagen. Doch Gert Hof (Gastregisseur) ist die szenische Umsetzung zu einem homogenen Ganzen gelungen, einerseits durch Straffung des Textes, andererseits durch die Einführung einer dritten Ebene (neben der musikalischen und inhaltlichen), der des Traums, der Phantasie, der Wunschvorstellung: personifiziert durch Das Innere der Nacht (Aelrun Hof-Götte a.G.), das als Traum(-frau) durch die Szene wandelt, und jene, die sie schauen, den grauen Alltag vergessen und den Unterkiefer herunterklappen lässt angesichts ihrer himmlischen Schönheit und anmutigen Bewegungen; arrangiert bei den drei skurrilen Polizisten (Andreas Wohlfahrt, Ingo Albrecht, Romeo Riemer), in glitzernden Phantasie-Uniformen; ironisiert in der Gestalt des Operettenbuffos (Rainer Kirchmann/Pankow - von herrlich trockener Komik), der weltfremd durch die Straßen fliegt und allen Menschen überschwänglich um den Hals. All diese ´traumhaften´ Intermezzi sind der Rahmen, der die unterschiedlich kabarettistischen, grotesken, parodistischen und pur-realen Szenen zusammenhält (aber auch die strenge Abfolge von Szene/Rocktitel auflockert), und gleichzeitig das Prisma, durch das sie gebrochen werden. [...]

Zu sehen ist ein Tag aus dem Leben eines ganz gewöhnlichen Lehrlings mit ganz gewöhnlichen Problemen, die jeder in dieser oder jener Form schon zu bewältigen hatte; doch kommen sie in Masse, lösen sie unter Umständen eine handfeste Krise aus, in der man weder sich noch die Welt versteht." 

Regina Schneider: Wer ist Paule Panke. In: melodie und rhythmus, Heft 7, Juli 1987, Seite 12-13.

 

"Als vor sechs Jahren das 45minütige Rockspektakel ´Paule Panke´ seine Premiere erlebte (und nach mancherlei Streit Furore machte, einen Preis und viel Presselob einheimste), galt es innerhalb einer über weite Strecken dahinmüdelnden ´jugendgemäßen Tanzmusik´ geradezu als Offenbarung. Und selbst wenn es so ist, daß seither durchaus nicht alle Bands den sicheren Hafen der Unverbindlichkeit ansteuerten oder dort längst vor Anker gegangen sind, und man der Rockmusik im Vergleich zu anderen Genres der Unterhaltungsmusik immer noch auffälligen Realitätssinn und soziales Engagement zuschreiben darf, so bleiben bis heute Arbeiten wie dieses Rockspektakel der 1981 gegründeten Gruppe Pankow Ausnahmen. [...] 

Beide Versuche [´Paule Panke´ und ´Hans im Glück´] schaffen Identifikationsmöglichkeiten für junge Leute, sie erkennen ihre Erfahrungen, ihre Musik, ihre Sprache und somit auch sich selbst wieder. Es werden Spielräume für gesellschaftliche Kritik und die Erprobung der eigenen Ansichten (wie lebe ich denn eigentlich?) geöffnet. Rockmusik - und das gehört nun einmal zu ihrem Wesen - erscheint hier tatsächlich als vitales Mittel und Medium geistiger Auseinandersetzung. [...] 

Die Schwedter Inszenierung sorgt für eine betont satirische Ebene, von der nur Paul und Hilde, wiewohl auch die Randfigur Inge Pawelczik ausgenommen werden. Das hat Vereinfachungen zur Folge, die mitunter anbiederisch wirken, am meisten sicherlich in der Darstellung der karikierten Ordnungshüter. In ihren zartgrünen, leicht glitzernden schicken Uniformen verkörpern sie eine bestimmte engstirnige Art zu denken und zu leben und treiben unsinniges Machtgehabe auf spießbürgerliche Spitzen. Aber so, wie sie vor lauter Eifer um die Einhaltung von Ordnungsnormen den Menschen vergessen (und jeden, der nicht genormt durch´s Leben läuft, irgendwie verdächtig finden), so verhalten sich etliche Figuren des Spektakels ja auch. Man hüte sich davor, die Anwesenheit der stilisierten Wachtmeister (Bedenke: Unsere Menschen sind nicht so!) als Verleumdung des Berufsstandes zu verdammen. Hier geht es um die Mikrosituation eines Alltags, der von Zweckbeflissenheit und ökonomischen Zwängen bestimmt wird, die Gefahren der Entmündigung, Gleichgültigkeit und Dumpfheit in sich tragen, wenn die Muster und Normen des Zusammenlebens (nicht zuletzt die Formen) nicht mehr nach Tauglichkeit und ihren Sinn für den einzelnen und das Gemeinwesen befragt werden." 

Helmut Fensch: Wibeaus kleiner Bruder?, Zur Uraufführung des Theaterspektakels "Wer ist Paule Panke" am Theater der Stadt Schwedt. In: Theater der Zeit, Heft 7, Juli 1987, Seite 51-53.

 

"In Schwedt inszenierte er [Regisseur Gert Hof] das Stück mitunter gar im Stil eines Laienkabaretts: es traut sich was und sagt, wie es meint, wie es ist. Sketch folgt auf Sketch. Was an Pointen spitz war, wird platt gewalzt. Wenn an der Ampel ein blaues Licht aufleuchtet, können sich Insider wissend auf die Schulter klopfen und flüstern: Da war doch mal ein Film-Projekt...? Dazwischen Songs. Und Aelrun Hof-Götte stolziert als ´Das Innere der Nacht´ (kein Witz) über die Bühne. Im fünften - dem einzigen konfliktgeladenen - Bild ist Paule Panke (André Herzberg) so am Rande der Bühne postiert, daß für 90 Prozent der Zuschauer unsichtbar bleibt, wie er mit vollem Einsatz Abteilnahme mimt. Die Schauspieler machen aus ihren Wortgirlanden das Beste, sie versuchen, dem Publikum so oft wie möglich Lacher zu entlocken. [...]

Zu guter Letzt sei nicht verschwiegen: Die Inszenierung kam samt Musik beim Publikum wahnsinnig an. Zur Premiere gab es wahre Ovationen, und auch bei den restlichen Aufführungen applaudierten die Zuschauer wie rasend. Es zahlt sich offenbar aus, wenn man Stimmungen im Publikum hofiert. Andererseits spricht der Erfolg (ähnlich übrigens bei der Aufführung im halleschen Theater Junge Garde mit der Band des Hauses) für die Intensionen des Versuchs, trotz aller Vordergründigkeit. Aber die war schon immer Pankows Pferdefuß. Spielte die Band Musik, die einen vom Hocker riß, folgte garantiert der instrumentierende Kommentar: ´Komm aus dem Arsch!´ Aber dieser Mangel störte nie sehr, denn Pankow hatte genug gute Seiten. Die Band stellt sich nach wie vor Konflikten, die viele andere Gruppen nicht einmal wahrnehmen. Sie ist immer noch die Band, wenn es darum geht, das alltäglich Brot als Rohstoff für Rock-Musik zu nutzen. Und was handgemachte Rockmsuik und Konzerte angeht, ist Pankow zuverlässig wie das Urmeter in Paris. Doch mit dem Theaterrockmusical ´Wer ist Paule Panke´ trat sich die Band selbst, zumindest auf die Füße."

Thomas Fuchs: Die neuen Leiden des Paule P., "Wer ist Paule Panke" im Schwedter Theater. In: Unterhaltungskunst, Zeitschrift für Bühne, Podium und Manege, Heft 11, November 1987, Seite 18-19.

 

 

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In der Wohnung der Pankes: Uta Ernst (als Schwester Trine), André Herzberg (als Paule Panke)

(c) Stadtarchiv Schwedt/Oder / Foto: Bernd Giesa

 

 

Medien / Publikationen


Audio-Aufnahmen

  • Pankow: Paule Panke, Ein Tag aus dem Leben eines Lehrlings - live 1982. [Mitschnitt eines Konzerts vom 4. Februar 1982 im Haus der Jungen Talente, Berlin (Ost). Amiga 856473, Berlin (Ost) 1989. (1xLP)

 

DVD / Video

  • Pankow: Die wundersame Geschichte von... Pankow. Amiga BMG 2004. (1xDVD)

 

Literatur

  • André Herzberg: Keine Stars, Mein Leben mit Pankow. Berlin: Aufbau 2021.
  • Birgit Bruck: Ein Theaterwunder in der Provinz, oder: Im Osten geht die Sonne auf, 25 Jahre Uckermärkische Bühnen Schwedt. Hrsg.: Uckermärkische Bühnen Schwedt/Oder, 2015.

 

 

Kommentar

 
Ein Programmheft liegt bislang nicht vor. Die Namen der Cast sind daher der seinerzeitigen öffentlichen Berichterstattung entnommen. Sobald das Programmheft vorliegt, werden die Namen verglichen und eventuell geändert bzw. ergänzt.

Zur Gruppe Pankow gehörten: André Herzberg, Rainer Kirchmann, Stefan Dohanetz, Jürgen Ehle und Ingo Griese.

Mit der Uraufführung wurden die Theatertage der Jugend in Schwedt/Oder eröffnet.

 

 

Empfohlene Zitierweise

 
"Wer ist Paule Panke". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 30. Januar 2025.