Die Pariserin [Zürich]
Musikalische Komödie in 3 Akten
Musik von Paul Burkhard
Nach einem Schauspiel von Henri Becque, deutsche Übertragung von N. O. Scarpi
Liedtexte von Fridolin Tschudi
Inszenierung
Uraufführung: 31. Dezember 1957
Schauspielhaus, Zürich, Schweiz
- Regie: Oskar Wälterlin
- Musikalische Leitung: Paul Burkhard
- Bühnenbild u. Kostüme: Fritz Butz
Besetzung:
- Claudine: Käthe Gold
- Amédé Lafont: Fritz Lehmann
- Julien Du Mesnil: Fritz Schulz
- Yves Simpson: Boy Gobert
- Suzette: Elsbeth von Lüdinghausen
- Eustache Monnier: Richard Vogel
Premierenchronik
CH | UA | 31. Dezember 1957 | Schauspielhaus, Zürich |
D | EA | 22. Dezember 1958 | Theater am Kurfürstendamm, Berlin |
Inhaltsangabe
"Die Pariserin erzählt eine amüsante Geschichte über das Paris der Jugendstil-Zeit. Madame Claudine, die charmante Frau eines freundlichen, aber etwas biederen Finanzbeamten, hat einen höchst eifersüchtigen Hausfreund. In Erwartung eines jüngeren Kavaliers haben sie und ihre kesse Zofe Suzette große Mühe, den lächerlich argwöhnischen Ex-Liebhaber loszuwerden. Der Ehemann hat es indes auf Suzette abgesehen, die aber den Gärtner vorzieht.
Als der von Madame zum neuen Hausfreund ausersehene hübsche junge Mann eintrifft, beginnt ein turbulentes 'Räumchen'-wechsle-dich-Spiel. Nachdem der alte Liebhaber endlich 'abgehängt' ist, erweist sich der neue als allzu unkompliziert. Bald sehnt sich Madame nach den unterhaltsamen Eifersuchtsszenen ihres verlassenen Hausfreundes zurück..."
(Inhaltsangabe des Bühnenverlags Felix Bloch Erben, 2025)
Kritiken
"Es ist nicht leicht, über etwas zu berichten, das einfach lustig war, lustig, unterhaltsam vom Anfang bis zum Ende. Man muß eben hingehen. [...] Das Tragende ist die Musik Paul Burkhards; ich bin für sie nicht zuständig. Was dem Laien klar wird, ist dies, daß die Musik nicht Sache einzelner Nummern - der von Fridolin Tschudi gelieferten Chansons - bleibt, sondern das Ganze betrifft, den stilisierten Gang des dargestellten Ehelebens, den Mechanismus der erotischen Peripetien. Der Reiz dieser Umgestaltung liegt eben in diesem von der Musik geistvoll mitgezeichneten automatischen Charakter aller Vorgänge: den Verwicklungen wird nicht eine individuelle Not gegeben, sondern im Gegenteil das Allgemeinste abgewonnen, das, was eine der Figuren - die ehrlichste anscheinend, auch die am oberflächlichsten zivilisierte - einfach langweilt: die kleinen Unregelmäßigkeiten des Gatten, die Abenteuerlust der Gattin, die Eifersucht ihres Geliebten, die Männerbörse ihrer Freundin, die einfachen, aber verwandten Probleme des Dienstmädchens.
[...] Neben der Musik hat Oskar Wälterlins Regie einen Hauptanteil an dem Gemeinschaftswerk: sie konnte von einem Text ausgehen, den N. O. Scarpi deutsch und pariserisch zugleich hergestellt hatte, und sie konnte ausgehen von Wälterlins eigenem Einfallsreichtum und einer außerordentlichen Stilsicherheit, die deshalb besonders wesentlich war, weil es die Grenzen zur Operette in jedem Augenblick zu beobachten galt."
Hg.: Die Pariserin. Silvesterpremiere im Schauspielhaus. In: Neue Zürcher Zeitung, Nummer 17, 3. Januar 1958.
"N. O. Scarpi besorgte die Übersetzung; Fridolin Tschudi leistete mit seinen zahlreichen Chansontexten Wesentliches für die etwas zwitterhafte Transformierung des ehelichen Dreieckschauspiels in eine Art Vaudeville, in welchem der Dialog immer wieder den tiefer gründenden Auseinandersetzungen ausweicht und in Melodien hinübergleitet. Paul Burkhard musiziert am Klavier, mit einem kleinen Orchester, das hübsche Klangeffekte produziert und durch 'soft music' eine unproblematische Atmosphäre erzeugt.
Käthe Gold schlängelt sich raffiniert zwischen dem ahnungslosen Gemahl, dem eifersüchtigen Hausfreund und dem naiven jungen Mann vom Lande hindurch. Meisterlich ist die Inszenierung von Oskar Wälterlin."
E. Br.: Kulturelle Nachrichten. Die Pariserin. In: Der Bund, Nr. 12, 9. Januar 1958.
"Die Pariserin sang Chansons von Paul Burkhard; sie hiess (privat) Käthe Gold und ihr Tanzmeister war Oskar Wälterlin. Dies Dreigespann verbürgte zum vornherein Charme, Witz und ein elegantes Parlieren mit und ohne Musik, so dass sich der Geist der musikalischen Komödie aufmachte und sich auf der silvesterlich aufgebutzten (nämlich von Fritz Butz entzückend betreuten) Bühne des Schauspielhauses niederliess.
[...] Jetzt von vielen Köchen neu an- und zugerichtet, in einer Verdeutschung von Scarpi, mit geschliffenen Gesangstexten von Fridolin Tschudi versehen, würde selbst der Verfasser sein Werk kaum mehr kennen; was mit dem Bühnen-Wirbelstürmchen um eine gelangweilte Dame aus höheren Ständen, mit selbstsicherem Ehemann und zwei höchst unsichern, teils eifersüchtigen, teils wider Willen in die Rolle hineingeschobenen Liebhabern ursprünglich gemeint war an bittere Zeitsatire und Gesellschaftskritik, peilt in der neuen Auftakelung auf harmlosere Ziele. Es wurden ihm von den neuen Hexenmeistern der Szene etliche scharfe Zähne ausmontiert und von dem seinerzeit arg schockierenden Vier (eck)-Akter blieb eine muntere Ehe- und Liebeskomödie übrig, die auf der Dreizimmer-Szene mit vielen Türen hurtig hin- und hertändelt, es anfangs etwas schwer hat, in Fahrt zu kommen, aber dann durch die musikalische und darstellerische Zurüstung und dank einer bis zur letzten Finesse spielerisch-leichtfüssigen Inszenierung alle Bedenken zerstreut, die man allenfalls gegen die Vermusicalisierung eines ursprünglich einige Grade ernster gemeinten Bühnenwerkes hätte aufbringen mögen. Es kam ein völlig neues Stück zustande, weit entfernt vom ursprünglichen, aber ohne dass man sich deswegen das Odium der Verballhornung eines Meisterwerkes aufgeladen hätte."
nn.: Silvesterpremiere im Schauspielhaus. Die Pariserin. In: Neue Zürcher Nachrichten, Nummer 3, 4. Januar 1958.
Empfohlene Zitierweise
"Die Pariserin" [Zürich]. In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 10. Oktober 2025.