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Mit 60 fängt das Leben an

Lustspiel mit Musik


Musik von Rudi Werion
Text von Klaus Eidam

 

 

Inszenierung


Uraufführung: 5. Dezember 1970
Landestheater, Halle, DDR

  • Musikalische Leitung: Volker Münch
  • Regie: Jörg Kaehler
  • Bühnenbild: Rolf Klemm
  • Kostüme: Helga Müller-Steinhoff

 

Besetzung:  

  • Die Oma: Ellen Weber
  • Der Vater: Gerhard Scherfling
  • Die Mutter: Helga Krämer
  • Die Tochter: Sieglinde Schnelle
  • Hanne: Herbert Meißner
  • Ein Herr von der Presse: Horst Bartnow
  • Omas Freundin: Ursula Reis

 

 

 

Premierenchronik

DDR UA 5. Dezember 1970 Landestheater, Halle

 

 

 

Inhaltsangabe


"Oma geht vorzeitig in Rente. Ihre Spondylose erlaubt ihr nicht mehr, ihren Beruf auszuüben, und so nehmen ihre liebevoll besorgten Kinder sie in ihrer Familie auf.

Als Frau der Tat, die sich durchaus noch nicht als 'altes Eisen' empfindet, geht Oma daran, diesen hilfsbedürftigen Haushalt ihrer Kinder ein bißchen 'auf Vordermann' zu bringe, denn Vater macht Fernstudium, Mutter hat viele gesellschaftliche Verpflichtungen und die Enkeltochter ist nicht nur Leistungssportlerin, sondern trifft sich auch häufig mit Hanne...

Omas Hilfe ist also allen hochwillkommen und wird sehr schnell so sehr zur Gewohnheit, daß die Spondylose im Berufsleben wahrscheinlich mehr Chancen auf Besserung gehabt hätte, als im Schoße der Familie.

Der Familie? Wieso ist eine Gruppe von Menschen, die nichts Gemeinsames verbindet, als daß sie in der gleichen Wohnung schlafen und ihre Mahlzeiten einnehmen, eigentlich eine Familie zu nennen? Diese sehr berechtigte Frage stellt Oma, nachdem sie das hektische Treiben zwischen Frühstück, Tagesarbeit, Einkaufen, Abendessen, Sporttraining, Nachtstudium und Tabletteneinnehmen eine Weile verständnislos mit angesehen hat.

Da sie, wenn sie denn schon die Stütze der Familie ist, auch etwas von ihren Lieben haben will, ergreift sie drastische, aber wirkungsvolle Maßnahmen, um das gestörte Zusammenleben jener 'Kleinen Welt', auf deren ordnungsgemäßem Funktionieren ja erst unsere 'Große Welt' basiert, wieder ins Lot zu bringen..."

(aus dem Programmheft zur UA, Halle 1970)

 

 

 

Kritiken

 
"Der Textautor stellt in humorvoller, oft aber auch recht nachdenklich stimmender Weise realistisch ein Stück unseres Alltags dar: die Geschichte einer modernen Familie, die von ihrer resoluten Oma 'umgekrempelt' wird und erkennt, daß der Sozialismus nicht nur aus Fernstudium, Qualifizieren und unermüdlichem Arbeitseinsatz besteht. [...] Klaus Eidam hat sie mit viel Wort- und Situationskomik (manche Passagen des Textes wirken allerdings auch banal und klamottenhaft) in sein Stück hineinverarbeitet. In einer manchmal dem Kabarett nahen Form übt er dabei auch heitere Kritik an noch vorhandenen kleinen Mängeln und Schwächen unseres gesellschaftlichen Lebens. Für das Ganze erscheint charakteristisch, daß vieles nur angerissen wird, mit Rücksicht auf das Genre nur angerissen werden kann. Eidams Sprache ist, dem Stoff angepaßt, frisch, unkonventionell, gegenwartsnah.

Rudi Werion schrieb zu dem lustigen Inhalt eine dezente, im Klang intime Musik für kleine Spezialbesetzung. Sie verfügt vor allem über muntere Zwischenaktmusiken, während die Chansons alle etwas über einen Leisten geschlagen erscheinen und nur bedingt als modern bezeichnet werden können."

Dr. Hans Walkhoff: Oma, die Hauptfigur. Uraufführung in Halle. In: Mitteldeutsche Neueste Nachrichten, Nr. 25, 30./31. Januar 1971.

 

 

"Und was das für eine Oma ist! Ellen Weber macht sie mit Herz, Witz und Charme zu einem solchen Paradestück, daß man darüber fast vergessen könnte, daß Klaus Eidams jüngstes Opus dramaturgisch gesehen leider kein Paradestück ist, bestenfalls ein Bilderbogen aus dem neudeutschen Familienleben. Denn die zwirnsfadendünne Handlung spult sich ohne jeden Knoten ab und löst sich nicht etwa auf offener Bühne, sondern draußen vor der Tür.

[...] Daß dieses Lustspiel lebt, verdankt es nicht dramaturgischer Kunstfertigkeit, sondern der Lebensnähe vieler seiner Situationen und einem blendend geschriebenen Dialog, dessen Witz mehr als einmal Szenenbeifall löst. Jörg Kaehler hat sich in seiner ersten Inszenierung denn auch darauf konzentriert, den Text auf Hochglanz zu polieren und ihm jene Leichtigkeit zu geben, um die der erfahrene Schauspieler seit langem selbst auf der Bühne bemüht ist.

Die spärliche Musik von Rudi Werion nützt Kaehler vornehmlich als Untermalung für die satirisch überhöhte Familienhektik und eine hübsche Reinemacher-Pantomime. Im übrigen besteht ihre dramaturgische Funktion lediglich darin, die einzelnen Bilder durch musikalische Kommentare in verteilten Rollen zu verbinden."

Georg Antosch: Ellen Webers komödiantische Oma. Zur Uraufführung eines neuen "Lustspiels mit Musik" von Klaus Eidam und Rudi Werion - Zwiespältige Eindrücke. In: Der Neue Weg, Nr. 24, 28. Januar 1971.

 

 

"Das alles hätte Ausgangspunkt und Konfliktsituation für ein gutes Stück abgeben können. Weshalb aber verläßt der Zuschauer dennoch das Theater unbefriedigt? Die Gründe sind einfach. Erstens gibt es nur eine wirklich profilierte Figur im Stück: die Oma. Zweitens: Unter Verzicht auf eine wirkliche Fabel werden nur Variationen eines Zustandes gezeigt, das Aneinander-vorbei-Lebens in der kleinen Familie. Alle echten Entscheidungen, selbst die versöhnende Aussprache der Eheleute am Schluß des Stückes, werden hinter die Szenen verlegt, kann der Zuschauer nicht miterleben. Diese Schwächen des Stückes, die - zugegeben - nur schwer auszugleichen sind, hat die Regie noch durch eine veräußerlichte Typisierung verstärkt.

[...] Unsere prachtvollen Omas in Stadt und Land haben eine Würdigung in einem Stück verdient. In diesem Fall hatten die Bemühungen unseres Musical-Ensembles um heiteres zeitgenössisches Theater jedoch noch nicht den gewünschten Erfolg."

Gerd Fecke: Laßt das mal die Oma machen..."Mit 60 fängt das Leben an' - Lustspiel mit Musik von Klaus Eidam / Rudi Werion in Halle uraufgeführt. In: Freiheit, Nr. 25, 29. Januar 1971.

 

 

 

Empfohlene Zitierweise

 
"Mit 60 fängt das Leben an". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 5. Dezember 2023.