Knock out Deutschland
Musical nach Ödön von Horvaths "Kasimir und Karoline"
Musik und Songtexte von Rio Reiser
Text von Philipp Stölzl und Armin Petras
Inszenierung
Uraufführung: 24. September 1994
Schauspielhaus, Chemnitz, Bundesrepublik Deutschland
- Musikalische Leitung: Thomas Voigt
- Regie: Armin Petras
- Bühne: Philipp Stölzl
- Kostüme: Julia Burde
- Choreographie: Mara Kurotschka
Besetzung:
- Lucky, eben abgebaut: Marc Hetterle
- Barby, seine Braut: Petra Förster
- Striker, sein Kumpel: Johannes Mager
- Lula, mit Striker unterwegs: Katharina Groth
- Conti, Unternehmer in der Gebrauchtwagenbranche: Peter Kurth
- Klein, Verkäufer bei Conti: Sebastian Kowski
- Best, im Vorstand der richtigen Partei: Gerhard Hähndel
- Imbissmänner / Jungs aus Rumänien: Ralph Sählbrandt / Michael Thalheimer
- Trainer, natürlich vom Champion: Bernd-Michael Baier
- Arzt / Amerikaner: Andreas Haase
- Ordner: Jörg Metzner
- Die Sabrinas / Moderatorinnen von ATL: Beate Düber / Katharina Müller / Heike Meyer
- Attentäter: Gerd Beyer / Markus Schoenen
- Hallensprecher: Hartwig Albrio
- Tänzerinnen: Sara de Col / Ulrike Grey / Sylvia Mannigel / Ariana Tanzi
- In Tanz- und allen anderen Rollen: Katrin Huke / Anne Müller / Katharina Müller / Susanne Rögner / Gerd Beyer / Peter Moltzen / Daniel Rosenmeisl / Markus Schoenen / Stephan Thiel / Thomas Ziesch
- Rahmenkämpfer / Boxer: Thomas Nikosalzig / Rico Dittmar / Jan Meschke / Julio Mondiane / Jörg Schlegel / Leo Unruh / Rene Zeidler
- Zuschauer / Polizisten: Vera Grundmann / Ulrich Bock / Frank Meyer / Ronny Meyer / Joachim Streubel / Gabriele Noack / Alexander Jahn / Olaf Streubel / Jessica Noack
- Band "Herrliche Welt"
Premierenchronik
D | UA | 24. September 1994 | Schauspielhaus, Chemnitz |
Inhaltsangabe
"1932 ist bei Ödön von Horváth der Kasimir "abgebaut" worden, und statt daß Karoline "das wertvolle Weib", wie sie's versprochen, nur "noch intensiver an ihm hängt", sucht sie sich einen anderen. Kasimir und Karoline, arbeitsloser Arbeiter und aufstrebende Büroangestellte, verloren sich damals auf dem Oktoberfest.
[...] Die Szene ist diesmal nicht die Wies’n, sondern eine betonfade Stadthalle, in der ein deutscher gegen einen ausländischen Boxer kämpft. In den Katakomben des Boxrings geht es immer noch um Arbeitslosigkeit und wieder um verlorene Liebe. Lucky boxt ein wenig oder jetzt mehr, weil man ihn ausgestellt hat; seine Maus Barby geht gleich mit dem erstbesten mit, der ihr mehr zu bieten scheint und einen Anzug trägt. Ein Klassenfeind wäre dieser Klein früher gewesen, jetzt verkauft er Autos für einen dieser mafiosen Kapitalisten aus dem Westen, und als Dreingabe und weil er ja fortkommen will in seinem Beruf, verkauft er dem Bundi gleich auch noch die neue Freundin."
Willi Winkler: Wahnsinn Deutschland! Uraufführung in Chemnitz: Ein Musical von Rio Reiser. In: Die Zeit, 21. Oktober 1994.
Kritiken
"Vielleicht war's ein bißchen viel des (scheinbar) Guten, was die Macher des neuen Rockmusicals 'Knock out Deutschland' nach Ödön von Horvath im Schauspielhaus Chemnitz verabreichten. Vielleicht
Die Regie-Troika Armin Petras, Philipp Stölzl und Rio Reiser quetscht das Symbolhafte in jede Ecke der Szenerie und läßt damit wenig Freiräume zum Gedanken-Ordnen. [...] Als hätten Reiser & Co den Vorsatz gehabt, kein inner- und außerdeutsches Problem und keine Befindlichkeit auszulassen, hieven sie Prototypen pur auf die Bühne: korrupte Politiker, eigentlich nur Spielzeug von Wirtschafts-Chefs; es prügelt der Rechtsextreme; es mogelt und verliert der Türke, es dümpelt der Polizist in seiner Einfalt. Kommerz und Vermarktung kehren als grelle Signale immer wieder.
Mark Daniel: Zwischen Mythos und Realität. Gefeierte Uraufführung in Chemnitz: Rockmusical 'Knock out Deutschland'. In: Hallesches Tageblatt, 18. Oktober 1994.
"Ohne die Songs des Berliner Rockstars Rio Reiser wäre 'Knock out Deutschland' ein ambitioniertes Nichts. Reiser geht so weit, daß er seinen Hit "Wenn ich König von Deutschland wäe" radikal für einen rechten Schlägertypen umdichtet. Das arme Machoschwein träumt davon, wie er sämtliche Frauen aufreißt und es dem Ausländer mal richtig zeigt. Bald ist es mit dem Bühnen-Boxen passé. Text und Aufführung erleiden den technischen K. o. "
Rüdiger Schaper: Im Dickicht von Karl-Marx-Stadt. 'Knock out Deutschland': Musical-Uraufführung im Chemnitzer Schauspielhaus. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 240, 18. Oktober 1994, Seite 18.
"Hoch hinaus will auch Mara Kurotschkas Choreographie zum Stück - es ist der Versuch, populäre Musik mit einem Tanzkonzept zu verbinden, das in seinen Bewegungsmustern psychologische Erklärungen für die Handlung anbieten will. Es bleibt beim Versuch, ein Dilemma, in dem die Chemnitzer Aufführung steckt: Alle Akteure sind fabelhafte Sänger und Show-Artisten, wollen aber gleichzeitig den braven Schauspieler in sich nicht verraten, damit die traditionelle "Bühnenkunst" nicht den Bach runter geht und man am Ende nur noch Rio Reiser brüllt. Hinter Reisers hohen Musiktempo schleichen die Dialoge oft müde her."
Ulrich Hammerschmidt: Glatze ist König von Deutschland. Rio Reisers 'Knock out Deutschland'-Musical in Chemnitz uraufgeführt - Punktsieg fürs Theater. In: Stuttgarter Nachrichten, 19. Oktober 1994.
Empfohlene Zitierweise
"Knock out Deutschland". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 1. August 2022.