Sie sind hier: Startseite Inhalte Kiss Me, Kate (Küss mich, …

Kiss Me, Kate (Küss mich, Käthchen)

Musikalische Komödie


Musik und Gesangstexte von Cole Porter
Buch von Samuel und Bella Spewack
Deutsche Übersetzung von Günter Neumann
Instrumentation von Rudolf Bibl

 

 

Inszenierung


Österreichische Erstaufführung: 14. Februar 1956
Opernhaus Graz, Österreich

  • Musikalische Leitung: Rudolf Bibl
  • Regie: André Diehl
  • Chöre: Ladislaus Földes
  • Bühnenbild: Heinz Ludwig
  • Choreografie: Rein Esté
  • Kostüme: Lotte Pieczka

 

Besetzung:  

  • Fred Graham (Petrucchio): Peter Minich
  • Harry Trevor (Baptista): Otto Langer
  • Ann Lane (Bianca): Elfie Körner
  • Ralph, In spizient: Hans Lexl
  • Lilli Vanessi (Katharina): Eleonore Bauer
  • Hattie, Garderobiere von Miss Vanessi: Barbara With
  • Paul, Garderobier von Mr. Graham: Joe Liszt
  • Bill Calhoun (Lucentio): Heinz Peters
  • Erster Ganover: Josef Kepplinger
  • Zweiter Ganove: Willy Popp
  • Bühnenportier: Eric Suckmann
  • Harrison Howell: Walter Gaster
  • Gremio, der erste Freier: Wolfram Mertz
  • Hortensio, der zweite Freier: Erich Klaus
  • Ein Putzmacher: Ernst Schumann 

 

 

KissMeKate-Graz1

Peter Minich (Fred Graham/Petrucchio), Eleonore Bauer ( Lilli Vanessi / Katharina)

© Archiv Opernhaus Graz GmbH

 

 

 

Premierenchronik

USA UA 30. Dezember 1948 New Century Theatre, New York
GB EA 8. März 1951 Coliseum, London
D Dspr. EA 21. November 1955  Städtische Bühnen, Kleines Haus im Börsensaal, Frankfurt/M.
A EA 14. Februar 1956 Volksoper Wien / Opernhaus Graz
CH EA 25. Mai 1956 Stadttheater Basel
DDR EA 9. April 1965 Metropoltheater, Berlin

 

 

 

Inhaltsangabe


Das Stück geht auf die Komödie "Der Widerspenstigen Zähmung" von William Shakespeare zurück. In einem geradezu genialen dramaturgischen Einfall schrieben die Autoren Samuel und Bella Spewack die Geschichte dahingehend um, dass nun ein Tournee-Ensemble das Shakespeare-Stück in der amerikanischen Provinz auf die Bühne bringt, und die Hauptdarsteller Fred und Lilli, die bis vor einem Jahr noch verheiratet waren, auch hinter der Bühne jenen Streit austragen, den sie als Petruchio und Katharine während der Aufführung spielen müssen. Ein Spiel im Spiel also, bei dem beide Handlungsebenen unauflöslich miteinander verflochten sind, und alle Handlungen (backstage und onstage) das fröhliche Geschehen zwingend vorantreiben. Zufällig fällt die Tourneepremiere auf den Jahrestag ihrer Scheidung. In einer sentimentalen Anwandlung erinnern sich Fred und Lilli früherer glücklicherer Zeiten, bei der unverhofft die gegenseitige Zuneigung wieder aufflammt. Ohne sie sich selbst und dem anderen einzugestehen, beginnen sie ein streitlustiges Liebeswerben, bei dem nicht zuletzt Lilli ihre Nebenbuhlerin Lois und Fred Lillis Verlobten Harrison ausstechen müssen. Auf der Bühne führt Petruchio zum Schluss triumphierend die gebrochene Katharine wie ein gezähmtes wildes Tier vor: Folgsam erklärt sie sich einverstanden mit der weiblichen Gehorsamspflicht gegenüber dem Mann. Doch für den Zuschauer des Musicals wird Shakespeares patriarchalische Demütigung in dem Wissen aufgehoben, dass hinter der Szene, gleichsam im realen Leben, eine andere Geschichte erzählt wird.

(Wolfgang Jansen)

 

 

KissMeKate-Graz2

Eric Suckmann (Bühnenportier), Ballett, Auftakt "Too Darn Hot" nach der Pause

© Archiv Opernhaus Graz GmbH

 

 

Kritiken

 
"Beim blauen Dunst vieler ´Old Splendor´-Aufpulverungs-Zigaretten (amerikanisiertes Regie-Fabrikat) drängt sich der Gedanke auf, daß das Erzeugnis, das hier im Grazer Diehl-Regie-Hauptgeschäft am Opernring unter der Marke ´Kiss me Kate´ zum Verschleiß gebracht wurde, nicht bloß sozusagen österreichisch umbanderoliert, sondern mehr aus Eigenbau-Einfalls-Tabak hergestellt und dann mit ein wenig Original-Beize überspritzt worden ist. Wer zum Einkauf der neuen Sorte gekommen war, hatte im neugier-vollen Haus kaum den Eindruck, sich in einer Spezialitäten-Trafik von Shakespeare-Parodie und Operetten-Persiflage zu befinden. Es mag sein, daß dergleichen, wenn es wirklich erreicht und gegeben wird, bei den Amerikanern, die das Genre der Operette erst aus Wien-Europa importieren mußten und den großen Geist-Humor um die Zähmung der ´Widerspenstigen´ verkleinert, leichter genießen konnten, besser ´ankommt´ als bei uns. Aber es kommt sicher auch viel, wenn nicht alles, darauf an, wie´s gemacht und serviert wird. [...]

Rudolf Bibl hat, wie man erfuhr und auch hörte, aus dem Not-Gerüst des Klavierauszuges eine geradezu Operetten-Tugend-haftende Instrumentierung ersonnen: mit viel Geigen-Süßigkeit, Cello-Wärme und ein wenig Blech- und Rhythmuspfeffer. Dieses die Nasen und Ohren nicht übermäßig kitzelnde, im Grunde ganz angenehme Eigenbau-Partitur-Odeur läßt er aus der ziemlich großen Ton-Pfeife des Orchesters in hübsch geformten Wolken und Wölkchen durch den Raum und zur Bühne schweben, auf der sich auch die Földes-Chöre seinem Stab gehorsam unterordnen. [...]

Die ´Musical´-Bilanz: das Publikum ließ sich´s soweit gefallen und alle Agierenden und Agenten durften am Ende auf der Bühne erscheinen. Was das Autoren-Team dem alten Shakespeare, von dem ein Satz - es waren hier viele von ihm ope-rettlich gesprochen - besser ist als die aus ihm fabrizierte Importware, angetan hat, müßte man auf ein anderes Blatt schreiben. Wer wirklich davon ´angetan´ war, wie sich die Umwandlung ins ´Hausgemachte´ vollzog, bleibt eine Frage der Preis-Bereitwilligkeit. Wer weiß nun in Graz, was ein ´Musical´ ist? Liegt´s an der Grazer ´Fassung´ oder am ´Musical´, für das Cole Porter das musikalische Gewand gewandt, aber keineswegs nach einem ´New Look´, sondern mit Blick auf die Vergangenheit und deren hübsche Sachen geschneidert hat, daß nicht mehr als ein beflissen ´Ge´spritzter´ daraus wurde?" 

E.C.: Kätchens "großer" Faschings-Dienst-Tag im Opernhaus. In: Kleine Zeitung, 16. Februar 1956.

 

"Alle verfügbaren Grazer Neger spielen da mit, die schwarzen und die weißen. Es ist die reine Rassenperversion und ein so überschäumend tolles Vergnügen, daß man sich künftighin die sündhaft teuren Flugkarten über den Atlantik wird ganz sparen können. Unvorstellbar, da es schon Amerika um so viel besser hat, wie gut es erst wir haben werden!

Das erste Musical im Grazer Opernhaus ist genau das, was man eine halbbittere Angelegenheit nennt. Ach, welche Freude, welches Tanzen und Jubilieren hätte das gegeben, könnten wir mit ´Kiss me Kate´ den Einzug einer wiedererstandenen, unter unästhetischen Krämpfen dahinsiechenden Kunstgattung Operette feiern! Der sehnlichste Wunsch aller mitteleuropäischer Theaterkassiere und Budgetreferenten wäre das, sie würden das arme Käthchen busseln und halb totdrücken vor Übermut. Und vielleicht hätte das widerspenstige Mädchen aus dem Mittelwesten alles Zeug dazu, aber sie ist so frigid und weist das Liebeswerben unserer Schauspieler, Regisseure und Dirigenten so schnöde ab, daß uns nach den ersten (Grazer) Abenteuern nur mehr Galgenhumor bleibt. [...] 

Es wäre sinnlos, mit den Akteuren ins Gericht zu gehen. Einmal mit der schwersten Aufgabe betraut, die je dem Grazer Operettenensemble zugemutet wurde, haben sich alle Beteiligten so bemüht und ernsthaft wie möglich aus der Affäre gezogen. So ungefähr jedem zweiten sitzt freilich ein merklicher Schock in den Gliedern oder in der Kehle, es könne trotzdem zur Katastrophe kommen. Es bedürfte monatelanger Vorbereitungen (wie in Wien), um allein die ungewohnten Fachaufgaben sicherzustellen. Eine Operettendiva, die gleichzeitig das Shakespeare-Käthchen spielen soll, einen Tenor, der auch Burgschauspieler ist, einen Buffo, der klassische Attitüden tanzen kann, eine Negerchansonette hat man an keinem mitteleuropäischen Theater zur Hand. Man hat sich in Graz höflich geplagt, dieser Schwierigkeiten Herr zu werden, halbwegs verständlich seinen Shakespeare zu rezitieren und halbwegs zwischen den rhythmischen Geleisen zu singen. [...]

Das zahlreiche Publikum war zu einem Drittel bewegt, zum anderen ärgerlich und zum dritten beschlußunfähig, nicht ohne daß es den in Graz üblichen kräftigen Beifall gegeben hätte."

Harald Kaufmann: Käthchen ist sehr widerspenstig, Das erste Musical im Grazer Opernhaus. In: Neue Zeit, 16. Februar 1956.

 

"Bei den Vereinigten Bühnen hat ein Wettrennen eingesetzt, alle amerikanisierten europäischen Schauspiele, Komödien und Possen nach Graz zu bringen, ohne Rücksicht auf ihre künstlerische Qualität. Das kann kein Zufall sein, sondern nur Methode. Auf den verballhornten Nestroy durch ´Die Heiratsvermittlerin´ in den Kammerspielen konnte natürlich unsere Operette nicht tatenlos bleiben, zumal sie gleichzeitig eine Musical-Premiere auch noch feiern konnte. Mir ist die unvertonte Shakespeare-Komödie ´Der Widerspenstigen Zähmung´ lieber als die zum Küssen gezwungene, auf der Bühne wie ein Lausbub verhaute Kate, die ihrerseits wieder mit Ohrfeigen in einer Vielzahl nicht spart. Das ´neue Dingsda´ muß sich gegen alle Grundgesetze von Kultur in das große Haus auf dem Grazer Opernring verirrt haben. Aber ´Gusto und Ohrfeigen sind eben verschieden´. Die überwältigende Mehrheit der Zuschauer dachte in gleicher Art und feierte, wenn überhaupt, am Schlusse nur die Darsteller, die statt einer künstlerischen eine aufreibende physische Leistung zu bieten hatten. Was gut an dem Stück ist, stammt von Shakespeare und nicht von Samuel und Bella Spewack, die als Autoren zeichnen. Und die Musik Cole Porters hat, außer der stets elementar hervorbrechenden Lautstärke höchstens noch die eigene Einfallslosigkeit mit Produktionen ähnlichen Charakters gemein. Zum dynamischen Wirbel auf der Bühne gesellt sich ein gleicher im Orchesterraum und das nennt man dann ´neu´ und ´Nachfolgerin der Operette´."

Hans Fenz: Nun Shakespeare verwildwestert, Zur Aufführung von "Kiss me, Kate". In: Wahrheit, 17. Februar 1956.  

 

 

KissMeKate-Graz3

Die beiden Ganoven (Josef Kepplinger und Willy Popp)

© Archiv Opernhaus Graz GmbH



 

Medien / Publikationen


Audio-Aufnahmen

  • "Kiss Me Kate". Selected Highlights, Studio-Einspielung London 1993, Jay Records "Showtime" 1994, Show CD032 (1xCD)
  • "Kiss Me, Kate". Studio-Einspielung 1958 mit Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller, Heliodor 450 204. (Vinyl/Single)
  • "Kiss Me, Kate". Studio-Einspielung 1967 mit Olive Moorefield und Peter Alexander, Ariola 74 343 IE. (Vinyl/1xLP)

 

Literatur

  • William Shakespeare: Der Widerspenstigen Zähmung. In: Ders.: Werke in acht Bänden. Herausgegeben von Wolfgang Deninger, Band 3: Dramen, Übersetzt von Ludwig Tieck (Wolf Graf Baudissin), Frechen: Komet (o.J.), Seite 87-163.
  • Christoph Wagner-Trenkwitz: "Es grünt so grün...", Musical an der Wiener Volksoper. Wien: Amalthea 2007.
  • Wolfgang Jansen: "Das Käthchen vom Broadway, Zur deutschsprachigen Erstaufführung von Cole Porters ´Kiss Me, Kate´ 1955 in Frankfurt am Main. In: Ders.: Musicals, Geschichte und Interpretation.Gesammelte Schriften zum populären Musiktheater, Band 1, Münster u.a.: Waxmann 2020, Seite 59-65.

 

 

 

Kommentar

 
Das Musical basiert auf William Shakespeares Komödie "The Taming of the Shrew" ("Der Widerspenstigen Zähmung").

In Österreich gab es eine Doppelpremiere: Zeitgleich mit der Volksoper Wien brachte das Opernhaus Graz "Kiss Me, Kate" heraus, nur die Anfangszeiten unterschieden sich: 19:00 Uhr in Wien, 19:30 Uhr in Graz. 

 

 

Empfohlene Zitierweise

 
"Kiss Me, Kate" ("Küss mich, Käthchen" [Graz]. In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 9. Januar 2023.