Sie sind hier: Startseite Inhalte Johnny Johnson

Johnny Johnson

Musical


Musik von Kurt Weill
Arrangements nach Kurt Weill von Dave Kamien
Buch und Songtexte von Paul Green
Deutsche Übersetzung des Buches von Ute und Volker Canaris
Deutsche Übersetzung der Songtexte von Dave Kamien und Joachim Preen

 

 

Inszenierung


Deutschsprachige Erstaufführung: 10. November 1973
Schauspielhaus Bochum, Bundesrepublik Deutschland

  • Musikalische Leitung: Dave Kamien
  • Regie: Joachim Preen
  • Choreografie: Fay Werner
  • Bühnenbild: Georg Wakhevitch
  • Kostüme: Therese van Treeck

 

Besetzung:  

  • Johnny Johnson: Wolfgang Schneider
  • Minny Belle Tompkins: Beate Tschudi
  • Bürgermeister / Befehlshaber der amerikanischen Landstreitkräfte / deutscher Priester / Bruder Jim: Werner Eichhorn
  • Opa Joe: Hans Mahnke
  • Anguish Howington / Soldat Harwood / Stabsoffizier: Diether Krebs
  • Photograph / Soldat Fairfax / Lieutnant: Klaus Mikoleit
  • Redakteur / Doktor McBray / britischer Premierminister / Bruder Theodore: Joachim Giese
  • Bote / Soldat O´Day: Wilhelm Tomczyk
  • Mrs. Smith: Heidi Zerning
  • Ihr Enkel / Johann Lang / schottischer Colonel / Bruder William: Werner Eggenhofer
  • Bankier / französischer Premierminister / Doktor Frewd: Sylvester Schmidt
  • Hotelbesitzer / Englischer Sergeant / Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte / amerikanischer Priester / Bruder George: Rainer Hauer
  • Farmer / Soldat Goldberger / Ordonnanz / britischer Brigadegeneral / Bruder Thomas: Hans Hirschmüller
  • Bankangestellter / Soldat Jessel / Corporal George / belgischer Generalmajor: Kurt J. Schildknecht
  • Kolonialwarenhändler / Soldat Svenson / König / Bruder Henry: Hermann Lause
  • Lehrerin: Marion Pahlke
  • Mädchen: Nina Steinmann
  • Aggie Tompkins / Frau: Tana Schanzara
  • Captain Valentine: Karl-Heinz Vosgerau
  • Sergeant Jackson: Wolfgang Feige
  • Göttin der Freiheit: Rosel Zech
  • Französische Krankenschwester: Brigitte Janner
  • Arzt / Captain: Eberhard Steib
  • Schwester der "Gesellschaft zur Erbauung der an der Erfüllung ihrer Pflichten verhinderten Soldaten" / Miss Newro: Fay Werner
  • Befehlshaber der britischen Landstreitkräfte / junger Arzt: Gottfried Herbe
  • Britischer Generalmajor /amerikanischer Militärpolizist / Wärter / Berufssoldat: Joachim Spaeth
  • französischer Generalmajor / Stabsoffizier / Anguish Howingtons Sekretär: Fritz Schediwy
  • polnischer Oberst: Tamara Kafka
  • amerikanischer Militärpolizist / Wärter / Berufssoldat: Bodo Ungerechts
  • Doktor Mahodan: Karl-Heinz Vosgerau
  • Frau: Claudia Schlieker
  • Anguish Howington junior: Hans-Werner Lotz / Dirk Schlensak
  • Englische Soldaten: Heidi Zerning, Werner Eggenhofer, Gotfried Herbe, Achim Kuchler, Fritz Schediwy
  • Die Kanonen / Stimmen deutscher Soldaten: Heidi Zerning, Werner Eggenhofer, Rainer Hauer, Joachim Giese, Hans Hirschmüller,Kurt J. Schildknecht
  • Verwundete französische Soldaten: Heidi Zerning, Werner Eggenhofer, Joachim Giese, Rainer Hauer, Hans Hirschmüller, Hermann Lause, Sylvester Schmidt
  • Amerikanische Soldaten: Klaus Mikoleit, Wilhelm Tomczyk, Kurt J. Schildknecht, Diether Krebs, Hans Hirschmüller, Hermann Lause
  • Deutsche Soldaten: Gottfried Herbe, Achim Kuchler
  • Schulkinder: Stephanie Alltmann, Susanna Hahn, Petra Kiel, Simon Alltmann, Hans-Werner Lotz, Dirk Schlensak, Kolger Kastner, Berndt Schlensak

 

 

 

Premierenchronik

USA UA 19. November 1936 46th Street Theatre, New York
D Dspr. EA 10. November 1973 Schauspielhaus Bochum

 

 

 

Inhaltsangabe


"Johnny ist Steinmetz, geschickter Verfertiger von Friedhofsdenkmälern, vor allem aber geborerer Pazifist. Nur unter dem Druck seiner Verlobten Minny Belle meldet er sich 1917 als Kriegsfreiwilliger - und um, durchdrungen von Woodrow Wilsons Friedensdoktrin, ein für allemal mit dem Krieg Schluß zu machen. Aber er macht seine eigenen Erfahrungen mit der Kriegsmaschinerie - bringt schon das Rekrutierungsbüro gehörig durcheinander, führt nächtliche Traumgespräche mit der Freiheitsstatue, und Minny Belle befreundet sich mit einem Deutschen, den er eigentlich gefangennehmen sollte, bricht aus einem Lazarett aus, sprengt mit Lachgas eine Sitzung des alliierten Generalstabs und landet schließlich, nach seiner Rückkehr, via Psychiater in einer Klapsmühle. Und alles bloß, weil er mit Naivität und gesundem Menschenverstand begabt ist - zwei unverzeihliche Laster in einer Welt, die aus lauter patriotischen Schreihälsen und sturen Militärs besteht." 

(aus: Horst Koegler: American Boy an der Ruhr, Kurt Weills "Johnny Johnson" in Bochum. In: Stuttgarter Zeitung, 17. November 1973.)

 

 

 

Kritiken

 
"Gerade heute kann die Begegnung mit Weills Musik Fragen nach der gesellschaftlichen Relevanz von Musik überhaupt beantworten, eben weil ihr Zitatcharakter nach einem treffenden Wort Ernst Blochs ´voll von dicker Luft, revolutionärer und religiöser, auch von Wünschen, Träumen, Prophezeiungen´ ist. Unter diesem Horizont wäre es dem Bochumer Schauspielhaus Peter Zadeks hoch anzurechnen gewesen, daß es Weills erstes amerikanisches Musical, ´Johnny Jonson´ aus dem Jahre 1936, als deutsche Erstaufführung herausbrachte. 

Aber offenbar wußte weder der Regisseur Joachim Preen noch der musikalische Leiter David Kamien, was sie mit ´Johnny Johnson´ anfangen sollten - mit dem Ergebnis, daß schon das Ambiente der Aufführung alles über die Kopflosigkeit der Bochumer Kunstverwalter sagte. Veranstaltet wurde diese Premiere nämlich (bei verdoppelten Eintrittspreisen) als Benefizvorstellung für ´Amnesty International´, gleichzeitig aber schmückt das Programmheft ein Kalter-Krieg-Beitrag, in dem mit Bedauern festgestellt wird, daß US-Präsident ´Johnson aus seinem Amt gekillt (wurde), genauso wie in letzter Zeit Nixon´ - so einfach fällt es den Bochumern, sich nach allen Seiten abzusichern.

Weills ´Johnny Johnson´ auf einen Text von Paul Green ist ein erstaunliches Anti-Kriegsstück. [...] Doch davon ist in Bochum nicht viel übrig geblieben. Dave Kamien hat Weills aufsässige Mischung als Choral und Song, aus Fox und Kanon zu einem unsäglichen Arrangement heruntergeputzt, und Joachim Preen sucht nur nach Gelegenheiten, pointenvolles Tingeltangel zu produzieren.

Was in Bochum an falschen Tonlagen, an sinnentleerter Bearbeitungswut und kostspieligem Aufwand zusammenfindet (das manchmal sogar hübsche Bühnenbild stammt von Georg Wakhevitch), kommt einem Rufmord an Kurt Weill sehr nahe. Daran ändert auch nichts, daß Rosel Zech an der einzigen des Singens Mächtigen, daß Heinz Vosgerau oder Hans Mahnke brillante Einzelszenen gelangen. Als Ganzes ist diese Produktion nur bemerkenswert wegen ihrer aufwendigen Dümmlichkeit und der Hartnäckigkeit, mit der Weills Musik kaputtgemacht wurde."

Ulrich Schreiber: Erstaunliches Antikriegsstück, Kurt Weills erstes amerikanisches Musical "Johnny Jonson" (1936) wird in Bochum jedoch fast kaputt gemacht. In: Frankfurter Rundschau, 16. November 1973.

 

"Doch aus der Satire wurde eine bunte Schwank-Szenenfolge der abgeschmacktesten Witzchen und Blödeleien, die niemanden wehtun und keinen betreffen. Den deutschen Zuschauer von 1973 aber schaudert´s lediglich an den ganz falschen Stellen - wenn nämlich die Freiheitsstatue plötzlich in einem Song zu moralisieren anfängt, oder wenn Minnie, Johnny Verlobte, über den Schützengräben erscheint und in einen Walzer ausbricht. In diese Mischmasch-Dramaturgie nicht energisch eingegriffen und die Szenen und Texte entschieden gestrafft und geschärft zu haben, ist ein Vorwurf an die Hersteller der deutschen Fassung. Wenn die Grenzen zwischen Satire und Posse derart verwischt werden, braucht sich niemand darüber zu wundern, wenn sich das Publikum an den puren Jux hält. Den spontansten und größten Beifall gab es in Bochum denn auch für eine typische Einlagen-Nummer: die von Fay Werner mit altjüngferlicher Ausgelassenheit aufs Lazarett-Parkett gesteppte Sohle einer ´Schwester der Gesellschaft zur Erbauung der an der Erfüllung ihrer Pflichten verhinderten Soldaten´.

Wie weit der Dirigent Dave Kamien mit seinen ´Arrangements nach Kurt Weill´ in Weills Originalpartitur eingegriffen hat, ist schwer zu sagen. Lotte Lenya jedenfalls hielt in der Pause keineswegs mit ihrer negativen Meinung über die musikalische Seite der Vorstellung zurück."

Horst Koegler: Johnny Johnson kam zu spät, Europäische Kurt-Weill-Premiere in Bochum. In: Süddeutsche Zeitung, 15. November 1973.

 

"Untertitel des Musicals ist: ´Die Geschichte eines ganz normalen Menschen´. Die Geschichte von Johnny Johnson, der sein Leben lang vergeblich für den Frieden kämpft, wird gar zu breit erzählt, weshalb man das Stück eher als ´Epical´ klassifizieren könnte. Paul Greens, von Ute und Volker Canaris ins Deutsche übertragener Text wuchert in Sentimentalitäten, Kalauern, Spruchweisheiten, Platitüden, Geschmacklosigkeiten aus - selten nur hat er die für heutige Maßstäbe nötige Härte, Schärfe, selten mündet sein Witz ins grausig Groteske oder Satirische. [...]

Regisseur Preen legte offenbar mehr Wert auf das ´ganz Normale´ in Johnnys Geschichte als auf die klare, fordernde Tendenz: nur in dem fröhlichen Veitstanz der alliierten Oberbefehlshaber kommt spukhaft Kritisches voll zum Zuge, sonst biedert sich die Inszenierung an den Geschmack des breiten Publikums an, kalauert sich recht unverbindlich zwischen Köpenickiade und Schwejkiade, auf seichten Nebenwegen von Dürrenmatts ´Physikern´, unbedenklich in die Niederungen der Militärklamotte, die hier auch szenenweise eine Irrenhausklamotte ist. Das Nebeneinander von blutigem Ernst und primitiver Posse mag dem amerikanischen Geschmack der dreißiger Jahre entsprochen haben - hier und heute verdrießt es zumindest anspruchsvolle Zuschauer, trotz der bedingungslos zu bejahenden Stückforderung: gebt den Kampf für den Frieden nie auf! Ihr gehörte denn auch der Beifall des Bochumer, teilweise erschreckend lachsüchtigen Publikums."

Sonja Luyken: Teils blutiger Ernst, teils primitive Posse, Europa-Premiere von Kurt Weills Musical "Johnny Johnson". In: Wiesbadener Kurier, 14. November 1973.

 

 

Medien / Publikationen


Audio-Aufnahmen

  • "Johnny Johnson". First Score for the American Theatre, Studio Cast 1955, published by Master Classics, USA 2011. (1xCD)
  • "Johnny Johnston". Recordet 1956 in New York, Digitally mastered from original mono source tapes. PolyGram Records 1987, Polydor 831 384-2 Y-1. (1xCD)
  • "Johnny Johnson". The Otaré Pit Band unter Leitung von Joel Cohen, Studio Cast, recorded 10.-15. November 1996, USA, published by Erato (Frankreich) 0630-17870-2. (1xCD)

 

Literatur

  • David Farneth, Elmar Juchem, Dave Stein: Kurt Weill, Ein Leben in Bildern und Dokumenten. Aus dem Englischen übersetzt von Elmar Juchem, Berlin: Ullstein 2000.
  • Jürgen Schebera: Kurt Weill. Mainz: Schott 2016. 

 

 

Kommentar

 
Die deutschsprachige Erstaufführung war zugleich die europäische Erstaufführung.

 

 

Empfohlene Zitierweise

"Johnny Johnson". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 31. Januar 2021.