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Die Brautschau (Devičij perepoloch)

Operette in 3 Aufzügen (vier Bildern)


Musik von Jurij Miljutin
Text von Michael Galparin und Viktor Tipot
Nach dem gleichnamigen Stück von Viktor Krylow
Deutsche Übersetzung von Alice Wagner

 

 

Inszenierung


Deutschsprachige Erstaufführung: 13. Oktober 1953 
Metropol-Theater, Berlin, DDR

  • Musikalische Leitung: Gerhart Wiesenhütter
  • Regie: Wolfgang E. Struck
  • Choreografie: Anni Stoll-Peterka
  • Bühnenbild: Hermann Kaubisch
  • Kostüme: Maria Uhlig
  • Chor: Eugen Mayer-Rosa

 

Besetzung:  

  • Der Woiwode: Fred Kronström
  • Márja Nikítischna, seine Frau: Myroslawa Ladyka
  • Xénja, ihre Tochter: Marianne Dorka
  • Matwéjewna, Yénjas Njanja: Hella Buschmann
  • Timoféj Bessomyka, Narr des Woiwoden: Jean Bergmann
  • Nastásja, seine Frau: Jola Siegl
  • Sénka, Leibeigener des Woiwoden:
  • Ein Bojare aus Moskau: Rudi Schiemann
  • Tokmaków, Juri, Schriftführer des Bojaren: Albert Göse
  • Buchálowa (Bojarin Praskówja), Witwe: Cordy Milowitsch
  • Dáscha, ihre Tochter:
  • Krétschetow, verarmter Fürst: Guido Goroll
  • Ustínja, seine Tochter:
  • Glébow, ein Adeliger:
  • Agafón, Müller: Richard Westemeyer
  • Tróschka, Gehilfe des Müllers:
  • 1. Wachmeister: Gerd Niemar
  • 2. Wachtmeister: Rudolf Döring
  • Schreiber:

 

 

 

Premierenchronik

UdSSR UA ? 1945 Operettentheater, Leningrad
DDR Dspr. EA 13. Oktober 1953  Metropol-Theater, Berlin

 

 
 

Inhaltsangabe


Die Handlung spielt in Russland im 17. Jahrhundert. Es geht darum, dass der Zar eine Braut sucht und nun den Bojaren, einen Abgesandten aus Moskau, in den (namenlosen) Ort schickt, in dem das Stück angesiedelt ist, um Brautschau zu halten. Alle Adeligen sind aufgerufen, ihre Töchter vorzuführen, damit der Bojar prüfen kann, ob eine von ihnen für den Zaren in Frage kommt. Es winkt daher für die Familie eines Provinzadeligen die Möglichkeit, mit der mächtigsten Familie im Reich in verwandtschaftliche Beziehung zu treten, was für alle sehr attraktiv ist.

Der Woiwode des Ortes hat jedoch eine Tochter, Xénja, die sich vor der Brautschau fürchtet, denn sie hat sich frisch in einen Fremden verliebt und will nicht die Braut des Zaren werden. Sie weiß nicht, dass der geliebte junge Mann der Gehilfe des Bojaren ist. Er weiß nicht, dass sie die Tochter des Woiwoden ist. Um dem Ganzen zu entgehen, flieht sie vor der Brautschau, mit Zustimmung ihrer Eltern, zusammen mit ihrer Dienerin und dem Hofnarren. Dann treten die genre-üblichen Verwicklungen ein, die Flucht wird entdeckt, man setzt ihnen hinterher, man entdeckt und verhaftet sie, zwischendrin können sich Xénja und Juri ihre Liebe gestehen (bis dahin hatte man nicht mehr als zwei bis drei Sätze gewechselt), bei der Brautschau behauptet Xénja prompt zur allgemeinen Überraschung als Kandidatin leider nicht zur Verfügung zu stehen, weil sie bereits seit langem verlobt sei, mit Juri, der nur zustimmen kann, ebenso wie ihre Eltern. Der Bojar erklärt daraufhin, die Hochzeit für die Verliebten ausrichten zu wollen. Die anderen Mädchen schickt er nach Hause, es komme keine als Braut für den Zaren in Frage. 

(Wolfgang Jansen) 

 

 

 

Kritiken

 
"Wir gestehen, daß wir mit Spannung zur ersten hauptstädtischen Aufführung einer sowjetischen Operette ins Metropol-Theater fuhren.

Würde der Serienerfolg von Stalinpreisträger Juri Miljutins ´Die Brautschau´ in der Sowjetunion auch bei uns ein gleichgestimmtes Echo finden - in Deutschland, das selbst ein Geburtsland ungezählter Schöpfungen der leichten Muse ist, in Berlin, das glanzvolle Inszenierungen und revuehaften Pomp in erinnerungsreiche Maßstäbe einbeziehen kann? 

Nach dem Verlauf der Premiere kann in zusammenfassender Wertung festestellt werden, daß gewisse Befürchtungen, der sowjetische Operettenbegriff werde vielleicht nicht den deutschen Auffassungen entsprechen, der beglückenden Erkenntnis wichen, daß hier der meisterhafte Wurf eines handfesten musikalischen Volksstückes gelungen ist, in welchem sich auf historischem Untergrund eine humorvoll-gesellschaftskritische Handlung mit einer reichen Klangphantasie folkloristischen Charakters verbindet." 

H.L.: Sinnige Kurzweil um seltsame Brautwerbung, Deutsche Erstaufführung der sowjetischen Operette "Die Brautschau" wurde ein durchschlagender Erfolg. In: Neue Zeit, Nr. 242, 17. Oktober 1953.

 

"Das war ein großer Abend im Metropoltheater, voll Besinnlichkeit und heiterer Laune. Da kam keiner zu kurz: wer etwas hören wollte, der konnte an der herzhaften Musik Juri Miljutins seine helle Freude haben, die Gerhart Wiesenhütter mit starkem Temperament betreute; wer lachen wollte, der konnte sich von dem gesunden Humor dieses Stückes überrumpeln lassen, das M. Galparin und V. Tipot geschrieben haben und das Wolfgang E. Struck mit sprudelnden Einfällen in Szene gesetzt hat; und wer schließlich sehen wollte, der konnte sein Auge an der Farbenpracht des Rußlands des 17. Jahrhunderts sättigen, an den imposanten, von Hermann Kaubisch gebauten Bühnenbildern und den prachtvollen Gewändern, die Maria Uhlig entworfen hat.

In diesem Werk ist das Milieu des alten Rußlands, die Lebensweise seiner Menschen großartig eingefangen. [...]

Die Musik Miljutins ist russisch in jedem Takt und im ganzen eigentlich weniger eine Operette als ein lustig-derbes Singspiel, bis auf die lyrisch vertieften Lieder Juris, Xenjas und ihr gemeinsames Duett ´Des Nachts in der Mühle´. Das liegt am stärksten in der Nähe dessen, was wir bei uns unter Operette verstehen. Einiges hat direkten russischen Volksliedcharakter, etwa das Duett Xenjas-Daschas im ersten Bild oder das Chorlied der Jungfern im letzten. Drastische Komik klingt im Quartett der vier Bojaren auf oder im übermütigen Terzett der Amme, des Narren und des Müllers im Mühlenlied, auch im Duett der bezechten Wachtmeister. Dann finden sch aber auch große, fast opernhafte Ensembles. Und wo gäbe es mehr hinreißenden Schwung als in den Tänzen oder in dem kernigen Vorspiel zum letzten Bild? Alles ist dabei interessant instrumentiert und voll harmonischer Reize."

Wolfram Schwinger: Ein heiteres Spiel im alten Rußland, Erstaufführung von Miljutins Operette "Die Brautschau" im Metropoltheater. In: Der Morgen, 17. Oktober 1953.

 

"(Daß der Komponist in einer ´Operette´ so hohe musikalische und darstellerische Anforderungen stellt, muß als Maßstab für den Leistungsstand selbst kleinerer sowjetischer Operettenhäuser angesehen werden.) Andererseits ist die Begegnung mit diesem neuen Werk so wichtig, weil es bekräftigt, daß eine Fortentwicklung der Operette aus der allein hintergrundlosen Lustigkeit nicht möglich ist, und weil es gleichzeitig die Mischung von Ernst, Humor und künstlerischem Gewicht hat, die in den deutschen Versuchen auf diesem Gebiet noch nicht erreicht wurden.

Der Zugang zu Miljutins 1945 fertiggestellter Operette ist für den deutschen Hörer nicht ganz einfach. [...]

Wenn man bedenkt, daß die Manufaktur-Operette der vergangenen Jahrzehnte bewußt das umgekehrte Prinzip anwandte, nämlich die nationalen Elemente komisch oder süßlich darzustellen und davor eine sentimentale Salonhandlung nach neuestem Schnitt und Parfüm aufzubauen, wird der entscheidende Wert dieser Operette auch für uns deutlich. Denn die Anwendung dieses Prinzips enthebt die Autoren des Zwanges zum formalen Experiment. Sie können im allgemeinen das dramaturgische Schema so lassen, wie es dem Publikum seit langem lieb ist. Das zeigt sich bei allen sowjetischen Operetten, die wir bisher hören konnten."

J. Weinert: Die neuen Werte der Operette, "Die Brautschau" von Miljutin im Meetropol-Theater. In: Berliner Zeitung, Nr. 243, 20. Oktober 1953.

 

 

Medien / Publikationen

 

Literatur

  • Ines Hahn: Die alten Operetten vergessen machen, Erneuerung des unterhaltenden Musiktheaters. In: "...daß die Musik nicht ohne Wahrheit leben kann", Theater nach 1945 - Musiktheater. Hrsg.: Stiftung Stadtmuseum Berlin: Henschel 2001, Seite 112-115.
  • Jost Lehne: Der Admiralspalast, Die Geschichte eines Berliner "Gebrauchs"Theaters. Berlin: be-bra 2006.
  • Wolfgang Jansen: From "Trembita" (1952) to "The King David Report" (1989), Operettas and musicals from European socialist countries in the repertoire of the GDR. In: Ders. (Ed.): Popular Music Theatre under Socialism, Operettas and Musicals in the Eastern European States 1945 to 1990. Münster u.a.: Waxmann 2020, Seite 143-170.

 

 

Kommentar

 
Am 8. November 1947 wurde im Berliner Rundfunk eine deutschsprachige Fassung von Hanns Dekner ausgestrahlt.

Das Programmheft liegt noch nicht vor. Die Besetzung der Rollen wurde insofern der zeitgenössischen Presse entnommen. Sobald die vollständigen Inszenierungsunterlagen vorliegen, werden die Einträge ergänzt und gegebenfalls korrigiert.

 

 

Empfohlene Zitierweise

 
"Die Brautschau" ("Devičij perepoloch"). In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 18. Februar 2022.