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Wer hat Angst vor dem starken Mann?

Musical


Musik, Buch und Gesangstexte von Willi Kollo 

 


Inszenierung


Uraufführung: 18. April 1959
Kleines Theater, Berlin, Bundesrepublik Deutschland
 

  • Regie: Willi Kollo
  • Musikalische Leitung: Ulla Harnisch
  • Bühnenbild: Werner V. Töffling


Besetzung:

  • Napoleon Bonaparte, Flüchtling: Horst Keitel
  • General Cambronne, Mitläufer: Günter Hanke
  • Paolina, Prinzessin Borghese, Expertin in Erotici: Ilse Marggraf
  • Sir Campell, 1. Hochkommissar: Herbert Weißbach
  • Baron v. Schwarzbach, 2. Hochkommissar: E.W. Zipser
  • General Iwasnieff, Kosmopolitruk: Otto Czarski
  • Enrico Mafaldi, Kaufmann auf Elba: Jochen Schröder
  • Giulietta, seine südländische Gemahlin: Inge Egger
  • Vicomte de Camasseire, Spezialist für Regierungswechsel: Heinz Spitzner
  • Adjutant Napoleons: René Kollo
  • Lucia, Hauspersonal bei Mafaldi: Marguerite Kollo

 

 

Premierenchronik

D UA 18. April 1959 Kleines Theater, Berlin



Inhaltsangabe

 

Die Geschichte spielt Anfang des 19. Jahrhunderts. Der Vicomte de Camasseire, ein französischer Diplomat, eröffnet dem überraschten Kaufmann Enrico Mafaldi und seiner Frau Giulietta, dass der ehemalige französische Herrscher Napoleon Bonaparte sie in seinem Testament bedacht habe. Durch eine Rückblende erfährt man von den Gründen: Als Napoleon, der "starke Mann" Europas, in der Verbannung auf Elba lebte, lernte er Giulietta kennen. Sie tritt ihm nicht als eine ruhm- und geldsüchtige Schmeichlerin, sondern als eine herzenskluge und freimütige junge Frau entgegen und gewinnt dadurch einen Platz in seinem Herzen. Diplomatische und erotische Verwicklungen lösen sich unentwegt ab. Napoleon stellt die Treue Giuliettas auf eine harte Probe, für die es ein verlockendes Gefühl ist, von Napoleon begehrt zu werden. Ihr eifersüchtiger Ehemann kommt jedoch immer wieder im rechten Moment, um einen Fehltritt zu verhindern. Zwei "Hochkommissare des Wiener Kongresses", die für politisch-kabarettistischen Witz sorgen, können schließlich nicht verhindern, dass Napoleon seinem geschichtlichen Auftrag nachkommt. Während seine Bewacher glauben, er verbringe eine Liebsnacht mit Giulietta, entflieht der große "Korsikaner", um auf dem Festland für die Rückkehr an die Macht zu kämpfen. Mit einem keuschen Kuss auf die Stirn verlässt er Giulietta, die - schwankend zwischen Erleichterung und Bedauern - zurückbleibt.

(Wolfgang Jansen, 2020)

 

 

Kritiken


"Das ´Musical´, das die Gäste in der Lutherstraße sehen, ist gar keins, sondern ein Singspiel, in dem Napoleon seine letzte Nacht auf Helena ohne besondere dramatische Vorkommnisse verbringt. Drei ´Hochkommissare´, eine hübsche Dame und ihr eifersüchtiger Mann bewegen sich über die Bühne und sprechen in Dialogen folgender Scherzhaftigkeitsgrade: ´Ach, diese Garderoben, diese Frauen...´, - ´Du warst die schönste von all diesen Garderobenfrauen.´ Oder, etwas weniger schäumend, dafür besinnlicher: ´Die Franzosen sind albern; denn ohne Ruhm können sie nicht leben, und den erhalten sie nur, wenn sie sterben.´ Mit einer gewissen Überraschung nimmt man zur Kenntnis, daß zwischendurch Anspielungen auf Hitler und den Rowohlt-Verlag stattfinden, deren Tendenz aber frei bleibt wie der Wind: man weiß nicht, woher sie kommt und wohin sie geht."

Günther Geisler: Kollo in der Lutherstraße. In: Berliner Morgenpost, 21. April 1959.

 

"Wie gern würde man die Initiative loben, den städtischen Theatern, wenn auch nur mit beschränkten Mitteln und auf engem Raum, Konkurrenz machen zu wollen. Der Spielplan der Berliner Bühnen verträgt durchaus eine Ergänzung durch das heitere, unbeschwerte Genre. Der Slogan ´Mach dir ein paar frohe Stunden´ müßte nicht unbedingt nur dem Kinobesuch vorbehalten sein, im Gegenteil, auch das Theater könnte davon profitieren. Kollos gute Absicht scheitert jedoch an seinem schlechten Stück.

Er nennt es ´Musical´ und versteht darunter eine Mischung aus Operette, Kabarett, Komödie und Schwank. Es kommt jedoch nicht so sehr auf die Ingredienzien an als auf ihre Qualität. Das hat Kollo leider übersehen. 

[...] die Komödie. Ihr Dialog spult sich an Hand von ermüdenden Wortspielen ab, jede Replik verdreht den vorangegangenen Satz ins Gegenteil, ein erprobter Stammtischspaß. Das Kabarett liefern wohl die Kontrollkommissare, die politisch viel und wahllos kalauern. Die Operette endlich naht, wenn die Prosa in Poesie ausartet, die Akteure verstohlen ein Tänzchen wagen und etwas Gesang markieren. [...]

Kollo plant, demnächst Molière und Aristophanes als Musical-Autoren vorzustellen. Bitte nicht!"

Klaus Geitel: Weder Musical noch Trauerspiel, ...nur traurig: Willi Kollos Start in der "Schiefen Bühne". In: Die Welt (Berlin-Ausgabe), Nr. 96, 25. April 1959.

 

"Nun, über den Stoff läßt sich reden. Wird der große Korse hier auch beileibe nicht zum ersten Male für die leichte Unterhaltung bemüht, so ist dem Autor die Beherrschung theatralischer Konfektion nicht abzusprechen. Daß er seine Dialoge freilich ausschließlich mit Wortspielen strickt, ist nicht so geistreich, wie er anzunehmen scheint; einmal hinter seinen Trichter gekommen, sagt man zuverlässig die nächste Pointe richtig voraus. Was sich anfangs gebärdet, als habe Werner Finck dabei Pate gestanden, erweist sich gar bald als von sehr viel billigerer Machart: während Finck immer den überraschenden Haken zu schlagen weiß, geht´s  hier immer hübsch geradeaus weiter. Und was wird da nicht noch alles strapaziert - Film- und Theatertitel jede Menge, Historie und Histörchen, Slogans und Schlager jeder Art; keiner bleibt vor einer Anleihe verschont, und nur die Schlagfertigkeit bleibt anzumerken, mit der da Steinchen auf Steinchen in dieses Mosaik aus Hergeholtem geklopft wird; nur bei den politischen Assoziationen rutscht der Hammer gelegentlich empfindlich aus."

E.M.: Musicalheld Napoleon, "Wer hat Angst vor dem starken Mann?" - Willi Kollos Kleines Theater eröffnet. In: Der Tagesspiegel, Nr. 4142, 25. April 1959.

 

 

Medien / Publikationen

 

Literatur

  • Wolfgang Jansen: Willi Kollo, Autor und Komponist für Operette, Revue, Kabarett, Film und Ferensehen, 1904-1988. Populäre Kultur und Musik, Band 28, Münster u.a.: Waxmann 2020.

 

 

Empfohlene Zitierweise


"Wer hat Angst vor dem starken Mann?". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 22. März 2020.