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Der Tunnel

Musical


Musik von Thilo Wolf
Text von Ewald Arenz
in Zusammenarbeit mit Jean Renshaw
nach dem Roman "Der Tunnel" von Bernhard Kellermann

 

 

Inszenierung


Uraufführung: 16. Oktober 2015
Stadttheater, Fürth, Bundesrepublik Deutschland

  • Musikalische Leitung: Thilo Wolf
  • Regie: Jean Renshaw
  • Bühnenbild & Videogestaltung: Marc Jungreithmeier
  • Kostüme: Anna Ignatieva
  • Maske: Nicole Zürner
  • Lichtgestaltung: Sebastian Carol
  • Konzeption & Mediengestaltung der Projektionsflächen: Anne Chahine

 

Besetzung:  

  • Mac Allen, Ingenieur: Alen Hodzovic
  • Maude, seine Frau: Caroline Kiesewetter
  • Charles Horace Lloyd: Ansgar Schäfer
  • Ethel Lloyd, seine Tochter: Antje Eckermann
  • Samantha Woolf, Banmanagerin: Bettina Meske
  • "M", der Spielverderber / Personal Trainer: Oliver Fobe

 

 

 

Premierenchronik

D UA 16. Oktober 2015 Stadttheater, Fürth

 

 

 

Inhaltsangabe


"Grundlage ist der 1913 erstmals erschienene Roman 'Der Tunnel' des Fürther Autors Bernhard Kellermann.
Das Musical beginnt mit dem großen Plan des Ingenieurs Mac Allen. Er verspricht dem einflussreichen Milliardär Lloyd und der Weltöffentlichkeit, mit neuester Konstruktionstechnik und ca. 180 000 Arbeitern in 15 Jahren einen 5000 km langen Tunnel durch den Atlantik zu bauen. Die wahnwitzige Idee, Nordamerika und Europa auf dem "'Landweg' zu verbinden, überzeugt nicht nur Lloyd, sondern auch andere Großindustrielle. Hinter den Kulissen spielt außerdem Lloyds Tochter Ethel eine große Rolle. Sie verliebt sich in den Ingenieur und tut alles, um Mac Allen für sich zu gewinnen, obwohl er verheiratet ist. Mac Allans Frau Maud ist unzufrieden mit der sich anbahnenden Situation, denn Mac Allen lebt nur noch für den Tunnel und hat fast gar keine Zeit mehr für die Familie.
Mit der Leitung eines Atlantik-Tunnel-Syndikats wird die Börsenspekulantin Woolf betraut. Sie sorgt weltweit für ein regelrechtes Börsenfieber. Jeder, der es sich halbwegs leisten kann, erwirbt Anteile am Syndikat. Doch im siebten Baujahr ereignet sich 340 km vom amerikanischen Tunneleingang entfernt eine gewaltige Explosion. Tausende Arbeiter kommen ums Leben und das Syndikat gerät ins Wanken..."

(Inhaltsangabe Stadttheater, Fürth, 2015)

 

 

 

Kritiken

 
"Arenz schälte aus der zwischen Faszination und Systemkritik wuchernden Geschichte ein übersichtliches Stationen-Drama, das Haltestellen für jeden Aufklärungs-Anlass bietet. Der Pioniergeisterfahrer Mac Allen, Mann aus Eisen und Schrott sowie vermutlich beiläufig Erfinder des Begriffs 'Tunnelblick', der seine maßlose Vision samt ihrer tausendfachen Opfer zum 'Menschheitstraum' verklärt. Umgeben von zwei konkurrierenden Frauen, gelenkt von Investoren und Börsenmaklern, genervt von einem herumgeisternden Coach, dessen Gratis-Zynismen für vorübergehende Ernüchterung im Sendungsbewusstsein sorgen. Ein wenig Mephisto, ein wenig mehr noch 'Cabaret'-Conferencier steckt in dieser Figur, von Oliver Fobe zum Fixpunkt der Irritation gemacht. [...] Er ist die interessanteste Person im Libretto-Sortiment, weil sie ungestraft den Handlungsfaden mit den Assoziationen des Nachschöpfers verknoten kann. Da tun sich die Andern schwerer.

[...] Der Weg zwischen Privatleben und Weltgeschichte, Partyplappern und Katastrophe, hin und zurück und auch mal außen rum, ist mit 18 Songs gepflastert. Die Züchtung von Ohrwürmern war dem komponierenden Jazz-Pianisten Thilo Wolf weniger wichtig als der einheitliche Klangteppich, der sich wie geklöppelt unter die Vielfalt der Songnummern schiebt. Für sie greift der Musiker tief in die eigene Erfahrungsschatzkiste, verteilt kantige Rhythmen aus dem Lehrbuch von Foxtrott, Tango, Rap und Rumba. Wolfs Swing-Motorik schnurrt geölt durch den Abend. Die Sänger sind alle stilsicher und hochprofessionell, könnten mühelos in jedem Stück von 'Jesus Christ Superstar' an aufwärts ihren Platz finden.

[...] Auf der Drehbühne die neutralisierte Skyline aus dem vergrößerten Modellbaukasten, die erst per Video-Flutung zum austauschbaren Stadtbild oder zum flammenden Katastrophen-Szenario wird. Ansonsten ist die Ballung von gestaffelten Podesten der schwindelerregende Kletter-Parcours für alle, die da ohne Geländer nach ganz oben streben. Renshaw spielt mit der Metapher der Absturzgefahr, wie sie auch mehrfach Dialogsätze zur Schablone macht, indem sie deren Wiederholungen wie einen Sprung in der Platte zelebriert. Sie sucht erfolgreich die inszenatorische Irritation, wenn die Story samt ihrer systemkritischen Umrankungen allzu glatt läuft und fährt mit trockenem Witz dazwischen, sobald es betulich wird. Am Ende knallt sie dem Zuschauer, der da grade auf wahlweise tragische oder versöhnliche Schlussperspektive eingestimmt ist, einen Blackout vor den Latz. Nein, es gibt keine tröstliche Gewissheit."

Dieter Stoll: Traum mit Absturzgefahr. In: Die Deutsche Bühne, 18. Oktober 2015.

 

"Doch die mit beeindruckenden visuellen Effekten (Bühnenbild Marc Jungreithmeier) ausgestattete Inszenierung von Jean Renshaw mag trotz schauspielerischer und gesanglicher Glanzleistungen nicht so recht zünden. Der erste Teil schleppt sich angesichts von Textlängen und Dialogplattitüden quälend dahin. Immerhin nimmt anhand der Dramatik des Stoffs (das Tunnelprojekt fordert wegen einer gigantischen Explosion 8000 Tote) der zweite Teil mehr Fahrt auf. In ihm wird auch die Gesellschaftskritik deutlich. Ein blinder Technikglaube gepaart mit skrupelloser Geldgier in Form von Aktienspekulationen offenbaren die wahre Triebfeder für das Wahnsinnnsbauwerk. Hieraus speist sich auch die Aktualität der Inszenierung. Der unreflektierte Glaube an die Segnungen der Digitalisierung entfalten derzeit den gleichen Effekt. Sinnbild für das Machbare des scheinbar Unmachbaren sind der Ingenieur Mac Allen, der Großunternehmer Charles Horace Lloyd und Bankerin Samantha Woolf. Alen Hodzovic verleiht dem selbstverliebten Ingenieur die nötige Portion Besessenheit, Ansgar Schäfer dem Großindustriellen die nötige Portion Geldgier und Bettina Meske der Bankiersfrau die nötige Portion Skrupellosigkeit."

Ralph Schweinfurth: Gelungene Inszenierung trotz unerträglicher Plattitüden. Musical "Der Tunnel" feierte im Stadttheater Fürth eine umjubelte Premiere. In: Bayerische Staatszeitung, 18. Oktober 2015.

 

"Für das passende 'Metropolis'-Feeling dieses Vintage-Science-Fiction-Abenteuers sorgt in Fürth, neben den stilvollen, meist in Schwarz, Weiß und Grau gehaltenen Kostüme von Anna Ignatieva, vor allem die Bühneninstallation von Marc Jungreithmeier. Eine Ansammlung von Quadern, Leitern und Türmen, die durch raffinierte Projektionen mal die kalte, abweisende Skyline von New York, mal das Innere eines gigantischen Banksafes oder eben auch die einsturzgefährdete Tunnel-Baustelle markiert, gewährleistet dank Einsatz der Drehbühne schnelle Szenenwechsel.

[...] Sicher, man kann nicht zweieinhalb Stunden permanent aufs Gaspedal drücken, aber wenn Regisseurin Jean Renshaw die Figuren bei den ohnehin manchmal etwas lang geratenen Sprechszenen auch noch in die Warteschleife schickt und Textpassagen gleich mehrfach wiederholen lässt, bremst das die ganze Sache noch einmal zusätzlich aus."

Tobias Hell: Vintage Science Fiction. Uraufführung "Der Tunnel" in Fürth. In: blickpunkt musical, Ausgabe 79, Nr. 06/2015, November 2015 - Januar 2016, Seite 18-20.

 

 

 

Medien / Publikationen

 

Literatur

  • Bernhard Kellermann: Der Tunnel. Roman. Ars vivendi Verlag, 2015.

 

 

Kommentar

 
Beim "Deutschen Musical Theater Preis" 2016 wurde "Der Tunnel" in vier Kategorien nominiert; ausgezeichnet wurden Marc Jungreithmeier für das „beste Bühnenbild" und Bettina Meske in der Kategorie "beste Nebendarstellerin".

 

 

Empfohlene Zitierweise

 
"Der Tunnel". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 7. April 2024.